Bipolare Störung und Borderline: In jeder FinSTERNis leuchtet ein Stern!
Betroffene: Nadine
Jahrgang: 1986
Diagnosen: Bipolare Störung, Borderline Persönlichkeitsstörung und Psychosen
Therapien: Ambulante Therapie, Klinikaufenthalte, Medikation
Ressourcen: Freunde, Musik, Zeichnen/Malen/Modellieren, Lesen
Wie und wann hast du von deiner Erkrankung erfahren?
Die Diagnose der Borderline Persönlichkeitsstörung bekam ich 2015. Nach einer Psychose erhielt ich 2020 dann die weitere Diagnose der Bipolaren Störung.
Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?
Ich selbst war Stigmatisierung ausgesetzt, wurde ausgegrenzt, verlassen und war sogar körperlicher Gewalt ausgesetzt. Aus diesem Grund ist es für mich ein besonderes Anliegen, gegen Vorurteile Stellung zu beziehen und andere Menschen mit psychischen Besonderheiten zu ermutigen sich nicht unter kriegen zu lassen.
Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld (und der Gesellschaft) in Bezug auf deine Erkrankung wünschen?
Die Reaktionen waren unterschiedlich. Ich habe aber durch meine Psychose viele liebe Menschen auch auf dem Weg verloren, was ich sehr bedauere. So ging beispielsweise meine langjährige Beziehung in die Brüche. Auch einige Freundschaften haben meine Psychose nicht überlebt. Ich habe aber auch gute Erfahrungen gemacht. Ich habe eine wunderbare beste Freundin, die selbst Betroffene ist, was das gegenseitige Verständnis wesentlich beeinflusst. Auch in meiner Familie habe ich Menschen, die mich verstehen, oder zumindest zu verstehen versuchen und den Weg mit mir gemeinsam gehen.
Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?
Meine Borderline Persönlichkeitsstörung kann ich mittlerweile sehr gut akzeptieren. Ich habe beispielsweise in tagesklinischen Aufenthalten viel über Achtsamkeit und Skills gelernt und bin weitestgehend symptomfrei. Aber besonders der Austausch mit anderen Betroffenen hilft mir.
Meine bipolare Störung und die Psychose beginne ich gerade zu verarbeiten. Zu diesem Verarbeitungsprozess gehört für mich eben auch gerade jetzt dieses Interview hier zu führen. Ich suche gerade nach einer Selbsthilfegruppe und werde am Psychose Forum in meiner Stadt teilnehmen. Ich finde den Ansatz des Trialoges zwischen Betroffenen, Angehörigen und Expert*innen, sehr interessant und freue mich schon auf einen regen Austausch. Zudem habe ich auf eurer Seite auch einige mutmachende Interviews von Betroffenen gelesen, die mich ermutigen meinen Weg trotz der Einschränkung weiter zu gehen.
Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?
Ich wende mich an meine Freunde und im Ernstfall an meinen Therapeuten. Ich habe gelernt, dass es gerade dann wenn meine Depression wieder anklopft, besonders wichtig für mich ist, mich nicht einzuigeln. Weiterhin rausgehen, Einkäufe erledigen und Arzttermine wahrnehmen gehören für mich genauso dazu, wie Freunde zu treffen, Musik zu hören und mir einfach etwas Gutes zu tun.Was mich auf meinem Weg momentan enorm unterstützt, ist, dass ich wieder arbeiten gehen kann. Ich arbeite momentan halbtags in einer Werkstatt der Alexianer. Dort erledige ich redaktionelle Aufgaben, mache Marketing und Social Media und lerne Grafikdesign. Ich fühle mich wieder gebraucht und die Arbeit gibt mir Struktur, die für mich sehr wichtig ist.
Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?
Sprecht über eure Erfahrungen, sucht euch professionelle Hilfe, nicht nur im Ernstfall, und verliert den Mut nicht!
Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?
Es ist wichtig sich abzugrenzen, auch wenn es für den Betroffenen vielleicht auch hart sein kann, da es an Zurückweisung erinnern kann. Aber, wenn wirklich mal wieder alles schwarz um mich herum wird, dann ist es das Beste für mich, mir professionelle Hilfe zu suchen. Angehörige können auch Angehörigen-Gruppen besuchen um sich über die Erkrankung eines lieben Menschen zu informieren. Aufklärung ist an dieser Stelle meines Erachtens essentiell.
Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?
Ich bin kreativ, liebenswert und liebesbedürftig. Mit Zurückweisung kann ich nur schwer umgehen. Ich liebe Musik und kann mich darin gerne mal verlieren und meine Kunst hilft mir vieles zu verarbeiten.
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