Depression: Ganz und gar man selbst zu sein, kann schon einigen Mut erfordern.
Betroffener: Martin
Jahrgang: 1985
Diagnose: Depression
Therapie: Kognitive Verhaltenstherapie
Ressource: Lesen
Wie und wann hast du von deiner Erkrankung erfahren?
Ich habe zuerst von meinem Hausarzt erfahren, dass ich Depressionen habe. Das geschah, nachdem ich ein halbes Jahr sehr verändert war, mir immer weniger schmeckte und ich sehr düstere Gedanken in meinem Alltag hatte. Meine allgemeine Leistungsfähigkeit war reduziert und ich konnte meinen gewöhnlichen Aktivitäten immer weniger nachgehen. Deshalb bin ich nach längerer Zeit zum Hausarzt, er schrieb mir eine Überweisung zum Psychiater.
Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?
Offen mit der Depression umzugehen, war für mich in vielfacher Hinsicht die Rettung und ein Schritt raus aus der Isolation. Ich möchte auch anderen Betroffenen helfen und das wiederum hilft mir dabei, nicht rückfällig zu werden.
Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld (und der Gesellschaft) in Bezug auf deine Erkrankung wünschen?
Bei mir persönlich war es so, dass mein Umfeld sehr respektvoll und positiv reagiert hat, als ich allen von meiner Depression erzählte. Ich kenne aber Betroffene, denen es anders ergeht. Ich wünsche mir von der Gesellschaft auf jeden Fall mehr Akzeptanz, Verständnis und Unterstützung was Depressionen angeht.
Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?
Geholfen hat mir zum einen die Aufklärung, was genau bei einer Depression im Körper vor sich geht. Zum anderen hat mir die Therapie geholfen, meine Erkrankung zu akzeptieren. Die Verbindung von medikamentöser Behandlung mit einer Psychotherapie ist sehr zu empfehlen. Mir half die Aufklärung des Psychiaters, dass in meinem Gehirnstoffwechsel einige Stoffe fehlen, die Depression besser anzunehmen. Auch die Tipps meines Therapeuten haben mir aktiv geholfen.
Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?
In akuten Krisensituationen bin ich mir zum einen bewusst, dass ich wieder einmal mich selbst überfordert habe. Ich trete dann kürzer und gönne mir Zeiten der Ruhe und Entspannung. Meine persönlichen Ressourcen liegen auch bei sportlichen Tätigkeiten. Ich kann hier besonders gut entspannen und auftanken. Auch die tägliche Meditation hilft mir sehr.
Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?
Ich möchte anderen Mut machen, sich innerhalb ihres privaten Umfeldes zu outen und auch eine Therapie anzufangen. Auch den Schritt, ein Antidepressivum einzunehmen, halte ich zumindest in der Akut-Phase für sinnvoll. Auch eine Selbsthilfegruppe kann sehr sinnvoll sein.
Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?
Den Angehörigen möchte ich mitteilen, dass sie mich in schweren depressiven Phasen so akzeptieren sollen, wie ich dann bin. Ich bin dann verändert und das ist nicht immer einfach für die Umwelt. Dadurch, dass ich selbst jedoch weiß, wie ich mich hier nehmen muss, fällt es dann auch den anderen leichter.
Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?
Mein Charakter ist im Grunde eher lebhaft und bodenständig. Ich schätze vor allem meine Kreativität, mit der ich beispielsweise auch auf die Idee kam, eine Infoseite über Depressionen online zu stellen. Ich schätze auch mein Durchhaltevermögen und den Mut, mich in Behandlung zu begeben. Das hat mir im Grunde mein Leben gerettet und mich vorwärts gebracht. Das ist sehr wichtig bei Depressionen.
Auf seiner Homepage Leben-mit-Depression.de informiert Martin und unterhält dort auch seinen eigenen Blog zum Thema Depression.