Reden wir über Depressionen! Aufklärer und Anti-Stigma-Kämpfer Uwe Hauck gibt psychisch kranken Menschen eine Stimme.
Uwe Hauck (#ausderklapse) gibt Betroffenen von Depressionen und Angststörungen eine Stimme. Über seinen Weg durch die Depression und aus ihr heraus schreibt der Autor in seinem Buch „Depression abzugeben. Erfahrungen #ausderklapse“ auf einmalige Art und Weise.
Nach einem Suizidversuch wurde er 2015 in die Psychiatrie eingeliefert und mit der Diagnose Depression und Angststörung konfrontiert. Noch in der Psychiatrie twittert er unter dem Hashtag #ausderklapse die positiven als auch negativen Erfahrungen mit den Therapien und den Kliniken. Aus diesen Tweets entsteht schließlich das Buch „Depression abzugeben“ – ein Tatsachenroman über seinen Weg zurück ins Leben. „Das Schreiben und offen mit meiner Diagnose umgehen half nicht nur mir, immer wieder spiegelten mir Betroffene und deren Angehörige, wie hilfreich mein offener Umgang mit meiner Krankheit für sie war. Das treibt mich an und motiviert mich, eine Stimme für Betroffene zu sein und gegen das Stigma zu arbeiten und weiter aufzuklären.“
Uwe Hauck wiederfuhr, was vielen Menschen bekannt vorkommen könnte: Beruflicher Stress, wenig Anerkennung und Mitgefühl seitens der Arbeitgeber, steter Leistungsdruck und Kontrollen, als Familienvater von drei Kindern auch existentielle Sorgen, vor allem aber der sich immer mehr aufbauende Druck und das Hamsterrad, dem er irgendwann nicht mehr entkommen kann.
„Eines der großen Probleme bei psychischen Erkrankungen: Man sieht dir die Krankheit nicht an. Und die Krankheit macht dich immer einsamer. Wenn man in der Psychiatrie gelandet ist, dann ist man am Ende, ausgebrannt, kann nicht mehr. Dann hat man so lange jemanden gespielt, der man nicht ist, bis die gesamte Fassade eingestürzt ist.“
Die kaschierte Depression, die ihn schon länger begleitet, und ihre Warnsignale erkennt er nicht rechtzeitig, kann sich dem Druck nicht mehr entziehen. Ein letzter Tropfen bringt das Fass zum Überlaufen. Ungeschönt, ehrlich und authentisch berichtet er, wie es schließlich zum tragischen Suizidversuch kommt.
In der Psychiatrie lernt er, dass eine Krankheit ihn schon lange begleitet – und dass auch ganz viele andere, liebenswürdige, schrullige, gesellige und weniger gesellige Menschen mit „unsichtbaren“ Krankheiten konfrontiert sind. Diese haben einen Namen, ohne die Menschen und ihn selbst durch eine Diagnose in eine Ecke zu stellen. Er versteht allmählich, dass er nicht alleine ist, dass es nicht bedeutet, sich schämen zu müssen: weder vor der Außenwelt, noch vor sich selbst oder seinen Angehörigen.
@bicyclist: Eigentlich sind in der Klapse eher normale Menschen, die mit dem Wahnsinn da draußen nicht mehr fertig werden. #ausderklapse
„Depression abzugeben“ liest sich wie von selbst in einem Rutsch durch. Uwe Haucks Sprache trägt dazu unter anderem bei. Seine Erlebnisse erfährt der Leser aus der Ich-Perspektive, die bekanntlich eine große Nähe zum Protagonisten zulässt und die Welt durch seine Augen lässt. Tatsächlich aber ergibt sich auch eine natürliche Distanz zu den Dingen, die ihm widerfahren: manchmal schleicht sich eine gewisse Ironie mit ein, humorvolle Randbemerkungen, eine abwägende Haltung, die in jedem Moment als Gedanken- und Gefühlswelt verständlich sind. Hauck schafft es mittels dieser Sprache, unmittelbar am Geschehen zu sein, und mit Ironie und Humor über Dinge schmunzeln zu können, die eigentlich hochsensibles Terrain sind. Dabei bleibt er immer der Mensch, der er ist, bereit aber für den Weg zur Heilung der Seele und Psyche.
„Die grauen Erinnerungen bekommen nach und nach wieder Farbe. Und die schwarzen Gedanken dürfen nur noch selten raus. Ich hab sie jetzt an der kurzen Leine. (…) Es ist schwer, die eigene Verletzlichkeit einzugestehen, Schwächen und Ängste zu akzeptieren und zuzulassen. Und auch wenn alle immer behaupten, das klassische männliche Rollenbild gelte nicht mehr, es wirkt doch noch überdeutlich. Ich weinen? Niemals. Oder Angst haben und das zugeben?“
Durch diese Erfahrungen und Erkenntnisse ist der Autor zum Aufklärer und Anti-Stigma-Kämpfer der Stunde geworden. Ein Mann, der zu sich gefunden hat, aber Depressionen ein Gesicht und damit psychisch erkrankten Menschen eine stellvertretende Stimme gibt. Er hält Vorträge und Lesungen auf Kongressen und weiteren Veranstaltungen.
Aktuelle Termine sind:
21. Oktober 2018: Kulturinsel Stuttgart „Wenn die Seele brennt“ – Talk mit Dana Diezemann
3. November 2018: Lesung in Düsseldorf-Eller, Vennhausen Allee 12a, 11 – 14 Uhr,
20. November 2018 Lesung bei Qmedico, Schwäbisch Hall
Sein Buch ist in der dritten Auflage 2017 beim Bastei Lübbe Verlag erschienen und als Hörbuch. Aktuell schreibt er an einem neuen Buch, das den Fokus auf die Sicht der Angehörigen legt. Er hat auch bei den #Mutmachleuten bereits einen Betroffenenbeitrag verfasst.
„Ich kann es gar nicht oft genug wiederholen: Wenn ihr schwarze Gedanken habt, am Sinn eures Lebens zweifelt oder Panik und Angst euch immer wieder lähmt, sucht euch Hilfe, ihr seid nicht schwach, wenn ihr euch Hilfe holt. (…) Das ist ein Zeichen sehr großer Stärke.“
www.uwehauck.de
www.livingthefuture.de
Text: Tina Meffert
Fotos: privat