Multiple Persönlichkeitsstörung: Wie Phoenix aus der Asche.
Betroffene: Faith (Im Namen „der Truppe“)
Jahrgang: 1998
Diagnosen: Dissoziative Identität, komplexe PTBS, chronische schwere Depression und andere Begleitsymptome (Schlafstörung, Essstörung, Ängste)
Angehöriger: Malin
Therapien: aktuell keine (Abbruch von psychiatrischer Unterstützung und Gesprächstherapien), jedoch im Austausch mit anderen Betroffenen, Gespräche mit einer Heilpraktikerin für Psychotherapie, Aufarbeitung durch Kunst und Literatur
Ressourcen: Pferde, Hund, Musik, schreiben, Gespräche mit Nahestehenden
Wie und wann habt ihr von der Störung erfahren?
Die ersten Anzeichen der multiplen Persönlichkeitsstörung zeigten sich vor ca. vier Jahren, als wir (unser System – d.h.: alle Personen die in unserem Körper „leben“) ein stark triggerndes Buch gelesen hatten. Bereits vorher traten schwere Depressionen, inklusive Suizidversuchen und starker Selbstverletzung auf. Erst durch das Buch traten bei uns weitere Symptome auf, die sich nicht auf die Depression zurückführen ließen. Es dauerte etwa ein Jahr, bis die Diagnose DIS (dissoziative Identitätsstörung) offiziell gestellt wurde.
Warum habt ihr euch entschieden nun Gesicht zu zeigen?
Wir haben uns entschieden an diesem Projekt teilzunehmen, da wir ein relativ stabiles System sind und bereits vielen anderen Betroffenen Hoffnung schenken konnten. Wir hoffen, dies hier in breiterem Maße tun zu können.
Wie hat das Umfeld reagiert und welchen Umgang wünscht ihr euch?
Da die Diagnose DIS schnell angezweifelt wird, sind wir besonders vorsichtig und erzählen nur wenigen Auserwählten davon. Dadurch haben wir hauptsächlich positive Reaktionen erfahren. Viele der Mitwissenden hatten bereits vorher einen Verdacht und haben daher angemessen reagiert. Von unserem Umfeld erwarten wir vor allem Respekt. Fragen dürfen jederzeit gestellt werden, da wir glauben, dass diese der Schlüssel für einen guten Umgang sind. Außerdem ist es schön, wenn man weiterhin „normal“ behandelt wird und nicht plötzlich wie ein Außerirdischer beäugt wird oder ständig als Opfer dargestellt wird, denn so etwas schwächt uns.
Was hat euch am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?
Unsere sehr verständnisvolle Partnerin, viel gute Aufklärung zum Thema und der Austausch mit anderen Betroffenen.
Welche Ressourcen nutzt ihr in Krisensituationen?
Wir suchen viel Kontakt zu Tieren (fünf Pferde, Katzen und unsere Hündin) und hören Musik, wenn uns die Umwelt überfordert. Auch unsere Partnerin und die oben erwähnte Heilpraktikerin helfen uns sehr.
Was möchtet ihr anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?
Die Diagnose ist für viele ein Schlag ins Gesicht, aber sie bringt auch Vorteile mit sich.
Wir haben gelernt miteinander zu leben und nicht gegeneinander zu kämpfen und können so den Vorteil genießen nie alleine zu sein.
Wir können Schmerzen und anderes Negatives gemeinsam bewältigen. Außerdem wissen wir, dass wir stark sind, denn sonst hätten wir vieles nicht überlebt. Wir sind stärker als die Grausamkeit, die wir erfahren haben. Wir können wieder aufstehen und lernen die Guten Dinge zu sehen, auch wenn es ein langer, harter Weg ist.
Was möchtet ihr anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie euch (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?
Angehörige sollten versuchen, zu verstehen, dass sie es mit vielen Menschen zu tun haben, auch wenn es nur ein Körper ist. Das macht so vieles für beide Seiten einfacher. Habt Geduld. Ein solches Trauma löst sich nicht über Nacht auf. Sucht euch wenn nötig Hilfe von anderen Angehörigen oder Betroffenen und stellt Fragen.
Und: NICHT JEDER ARZT HAT AHNUNG! Hinterfragt immer ob das Vorgeschlagene wirklich sinnvoll ist. Druck ist keine Lösung, auch wenn die Symptome manchmal zunächst verschwinden.
Was macht euren Charakter aus und welche Eigenschaften schätzt ihr an euch am meisten?
Da wir 53 verschiedene Personen mit unterschiedlichsten Charakteren sind, lässt sich diese Frage nicht so einfach beantworten. Aber gerade diese Vielseitigkeit macht uns besonders und öffnet uns viele Türen. Meistens gibt es jemanden, der die anstehenden Aufgaben lösen kann. Das funktioniert bei uns, weil wir gelernt haben als Team zu arbeiten. Jeder von uns ist wichtig für das System!