Anpassungsstörung, schizoaffektive Störung, (bereits aufgelöste) generalisierte Angststörung, PTBS, Traumaspätfolgen: Danke an euch, für den Raum und die Zeit. Danke ans Universum für dieses Leben: Es ist wirklich nicht langweilig.
Betroffener: Thomas
Jahrgang: 1975
(eigens ermittelte) Diagnosen: Anpassungsstörung; Schizoaffektive Störung; (bereits aufgelöste) Generalisierte Angststörung, Posttraumatische Belastungsstörung, Traumaspätfolgen
Therapien: Tiefenpsychologische Psychotherapie, Verhaltenstherapie (Bernhardt-Methode), Ergotherapien
Ressourcen: Verstehe das Wort Ressource in diesem Kontext nur schwer, aber mir hilft es Tai Chi, Qigong und Yoga in angenehmen Gruppen zu praktizieren, viel an der frischen Luft, in der Natur zu arbeiten oder einfach zu sein und mit Bekannten und Freunden spazieren zu gehen und sich auszutauschen und hin und wieder einfach gute Filme anzusehen und gelegentlich interessante Bücher zu lesen und viel Musik und viel Routine im Tagesablauf zu haben und dennoch Neues zu erleben.
Wie und wann hast du von deiner Erkrankung erfahren?
Die schizoaffektive Störung war 1995 die erste Diagnose, die ich erhielt, jedoch nicht die erste Störung, die ich hatte. Circa 2002 erhielt ich dann nach einem Durchbruch in der Therapie die Diagnose Posttraumatische Belastungsstörung, die ich dann gefühlt überwand, und später, 2015 noch einmal hörte, aber nicht glaubte, sondern heute eher als Traumaspätfolge einstufe. Die Generalisierte Angststörung identifizierte ich selbst, und mein damaliger Therapeut bestätigte mich quasi, das war 2017 ungefähr. Die Anpassungsstörung, ja, den Begriff entdeckte ich 2025 auf dieser Website, und ich ordnete sie mir zu, und begriff, dass mich diese seit 1980 ungefähr begleitet.
Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?
Die Frage verstehe ich so auch nicht, denn ich hatte meine Störungen nie verheimlicht und ich lebe auch nicht verschleiert.
Ich schließe mich hier an, weil ich in diese Gruppe von Menschen gehöre und diese Ignoranz über uns nicht mehr ertrage. Nun, der Zeitpunkt ist jetzt der richtige, weil ich am Ende einer weiteren Episode der Anpassungsstörung bin, und vorher schlicht und ergreifend von diesem Projekt nichts wusste.
Allerdings ist es auch so, dass ich mich gegenüber der Ignoranz meiner Familie nie zur Wehr gesetzt hatte, sondern irgendwie immer mitgespielt hatte, auch weil andere Dinge Priorität hatten. Darauf habe ich nun auch keine Lust mehr.
Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld (und der Gesellschaft) in Bezug auf deine Erkrankung wünschen?
Mein Umfeld hatte sich während meines Lebens immer wieder mal stark verändert, nicht nur, was die Personen anging. Meine Mutter starb, bevor sie davon wusste – vielleicht ahnte sie etwas, weiß ich nicht. Mein Erzeuger wusste lange nichts davon, er hatte mich zur Adoption freigegeben, hatte dann später aber auch Schwierigkeiten damit umzugehen und ich brach den Kontakt aufgrund weiterer Konflikte ab. Mein Adoptivvater funktionierte, ließ meine Krankheit und mich an seinem Wohnort aber wohl quasi unter den Tisch fallen. Bekannte und Freunde kommen und gehen, viele aus der Zeit der ersten Episode der schizoaffektiven Störung, haben es (auch) nicht begriffen; in der Kleinstadt, in der ich damals wohnte, ging das Gerücht herum, ich sei auf Drogen hängen geblieben. Seit dieser Zeit sind eigentlich keine neuen Freunde hinzugekommen, es gab einige Versuche, die dann allerdings nicht von Bestand waren, weil sie die Störungen (auch) nicht verstanden und offenbar unter meinem Verhalten damals litten oder nicht mehr investieren wollten.
Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?
Diese Frage suggeriert irgendwie, man hätte ein Problem damit, sie zu akzeptieren. Das ging mir nie so. Allerdings hatte es lange gedauert, zu begreifen, dass es psychische Störungen sind. Natürlich ist es lästig, in einer depressiven Ausformung einer Episode einer Anpassungsstörung rumzuhängen. Doch im Gegenzug ist nichts aufregender, als in einer manischen Phase einer schizoaffektiven Störung, durch den Kontinent zu ziehen, und es direkt zu leben; vielleicht ist auch nichts gefährlicher – ich hatte viel Glück und kann mich aber auf meinen Instinkt verlassen, krank oder gesund. Diese Störungen begleiten mich fast mein ganzes Leben, sie sind ein Teil von mir, seit ich denken kann.
Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?
Wieder dieses Wort „Ressource“. Aber es ist einfach: meinen ansonsten ziemlich gut und gesund funktionierenden und trainierten Körper, sowie meinen Instinkt.
Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?
Das ist einfach und schwer zugleich: Ich beziehe mich (objektiv) auf das „I Ging – Das Buch der Wandlungen“, welches mich seit dreißig Jahren auf meinem Weg und an bisher fast jedem Ort begleitet:
Manchmal ist der einzige Weg der Rückzug, welcher keine Flucht ist, sondern zum Sammeln der Kräfte dient, und dann gegebenfalls in einen Neustart mündet. Das bezieht sich auf alle möglichen Beziehungen, ganz gleich, ob Familie, Bekannte oder Freunde, gelegentlich auch auf scheinbar hilfreiche, wie die zu Ärzten. Und das mir mittlerweile (subjektiv) Wichtigste überhaupt: Erkenne dich selbst.
Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?
Ich könnte viel über mich sagen, andere wahrscheinlich auch, ob das immer zusammenpasst, ist die Frage. Jedenfalls zähle ich mich zu den Empathischen und Sensiblen, aber auch Empfindlichen, sowie Loyalen und Hilfsbereiten, den meisten Menschen gegenüber. Abgesehen davon kann ich sehr konsequent, und wenn gerechtfertigt, auch hart sein.
Thomas hat eine Homepage.