Bipolare Störung & Borderline: Ich bin mehr als meine Diagnosen, ich bin wichtig! Ich lebe im Hier und Jetzt für meinen Mann und meine Hunde.

Betroffene: Tanja H.
Jahrgang: 1966
Diagnose: Borderline, Bipolare Störung
Therapie: Krankenhausaufenthalte, Verhaltenstherapie, DBT (Dialektisch behaviorale Therapie), Psychotherapie
Ressourcen: mein Mann, meine Hunde Lulu und Bandit, meine Freunde

 

Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?

Ich war erstmals in psychologischer Behandlung mit 15 oder 16 Jahren. Später fragte mich eine Freundin in einer meiner manischen Phasen, ob ich nicht mal einen Arzt aufsuchen möchte. Natürlich wollte ich das nicht, dafür fühlte ich mich zu jung. 2007 nach einem völligen Zusammenbruch, erhielt ich die Diagnosen Borderline und Depressionen in einer Klinik. 2012 während eines erneuten viermonatigen Klinikaufenthaltes in einer Uniklinik, erhielt ich dann, mittlerweile war ich 45, die Zusatzdiagnose Bipolare Störung II.
 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Ich gehe recht offensiv mit den beiden Diagnosen um, a), um dem Ganzen das Stigma zu nehmen und b) um zu zeigen, dass man keine Angst vor dem Umgang mit psychisch erkrankten Menschen haben muss. Um Betroffenen zu zeigen, dass ein „normales, relativ gesundes Leben“ mit diesen Diagnosen mithilfe der richtigen Medikamente möglich ist!

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?

Die Spreu hat sich vom Weizen getrennt. Auf der einen Seite erhielt ich sehr viel Verständnis für frühere Eskapaden, auf der anderen Seite führte es dazu, dass das eigene Unvermögen und Diskrepanzen mit mir mit meinen Diagnosen in Verbindung gebracht wurden. Ich habe völlig gegensätzliches Verhalten erlebt.
 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Die Tatsache, dass ich mit meinen Diagnosen nicht alleine bin, keine Seltenheit bin. Erst nachdem ich offen darüber gesprochen habe, habe ich auch mehr Akzeptanz erfahren, nicht nur von außen, sondern auch durch mich selbst. Zudem ist die eine Diagnose durch eine Stoffwechselstörung im Gehirn begründet, die andere unter anderem durch traumatische Erlebnisse in der Kindheit. An beiden trage ich keine Schuld. Das zu wissen, hilft mir, die Krankheiten zu akzeptieren.
 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Lange Spaziergänge mit Lulu und Bandit, Kaffee mit meiner Freundin, Anwenden von Skills, Achtsamkeit, die Kompetenz meines Psychiaters.
 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Geht euren Weg, denn nur ihr könnt ihn gehen! Geht ihn stolz und erhobenen Hauptes, es gibt keinen Grund, sich zu verstecken. Es ist nur eine Diagnose. Du bist toll – so wie du bist!

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Nehmt Selbsthilfegruppen in Anspruch, schont eure Kräfte. Es wird viel von euch gefordert, aus diesem Grund sollt ihr nicht nur da sein für den Betroffenen, sondern Achtsamkeit mit euch selbst üben. Wenn Akutphasen mit dem Betroffenen durchgestanden sind, bitte keine Vorhaltungen! Wir schämen uns dann selber in Grund und Boden. Nie vergessen: Wir lieben euch, auch wenn wir es nicht zeigen können, weil wir es manchmal selber nicht fühlen können.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Das können andere besser beurteilen. Aber ich bin willensstark und ich will leben! Sehr empathisch natürlich, tierlieb und mittlerweile kompetent im Leben.