Borderline, Agoraphobie, Panikstörung und Depressionen: Mach was du willst, kritisiert wirst du sowieso!
Betroffene: Vanessa
Jahrgang: 2001
Diagnosen: Borderline Persönlichkeitsstörung, Agoraphobie, Panikstörung, rezedivierende Depressionen
Therapien: dreimonatige DBT Therapie, mehrere Verhaltenstherapien
Ressourcen: Meine Freunde, meine Hobbies insbesondere die Feuerjonglage, mein heutiger Umgang mit mir und dass ich versuche, über BPS Erfahrungen und Tipps zu teilen.
Wie und wann hast du von deiner Erkrankung erfahren?
Meine Diagnose Borderline habe ich mit 18 Jahren bekommen, als ich mal wieder in der Klinik zur Krisenintervention war. Davor hieß es immer ich habe eine emotionale instabile Persönlichkeit mit vorherrschenden Ängsten und Depressionen.
Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?
Oftmals fühlen wir uns mit unseren Gedanken und Gefühlen allein – doch das sind wir nicht! Die Zahl psychisch erkrankter Menschen steigt leider stetig an und ich finde, dass wir mehr Aufklärungsarbeit bereits in Schulen leisten sollten. Als ich noch Teenager war hieß es ständig: „Das ist nur eine Phase!“, oder „Reiß dich doch mal zusammen du Dramaqueen!“ Ich habe mich dann versucht anzupassen und nicht aufzufallen und mich dadurch auch selbst verleugnet und verloren. Heute bin ich 23 Jahre alt und stehe zu dem was ich bin: nämlich ein Mensch wie jeder andere!
Ich finde, dass dieses Stigmatisieren und Kategorisieren endlich aufhören muss. Und ich möchte mit meiner Stimme eine von vielen sein, die das ändern wollen.
Wissen deine Freund*innen/Schulkamerad*innen/Kommiliton*innen über deine Erkrankung Bescheid? Wenn ja, wie haben sie darauf reagiert und wie gehen sie damit um? Würdest du dir von ihnen einen anderen Umgang mit dir wünschen?
Mittlerweile gehe ich offen mit diesem Thema um und erfreue mich auch viel an positiven Feedback hierzu, klar gibt es immer Leute die mir sagen. „Die ist zu faul zum arbeiten“ oder „Die macht Urlaub in der Klinik auf Kosten der Krankenkassen“ etc. und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir diese Sätze nicht weh tun und mich immer wieder runterziehen. Doch mittlerweile weiß ich auch ich bin nicht allein! Denn es gibt viele Menschen denen es ähnlich geht wie mir. In den letzten Jahren habe ich einige neue Freunde hinzugewonnen und andere aussortiert, da sie mir nicht gut taten. Jetzt habe ich einen Freundeskreis, der sehr tolerant und mutig mit dem Thema psychische Erkrankung umgeht. Denn genau wie ich sind meine Freund*innen Kämpfer*innen !
Wird an deiner Schule/Uni oder Ausbildungsstätte auf die Themen psychische Erkrankungen, Achtsamkeit, Stress, Suizidalität in einem Unterrichtsfach oder in einem gesonderten Kurs/AG darauf eingegangen? Würdest du dir da eine Veränderung und/oder mehr Aufklärung wünschen?
Derzeit besuche ich den 2. Bildungsweg an einem Kolleg und diese Schule geht bereits sehr gut mit diesem Thema um. Zwar haben wir kein Kurs oder Fach was uns aufklärt, aber sehr transparente Lehrkräfte, mit denen man gut reden kann (klar gibt es auch da Ausnahmen) Oft fehlt das leider schon an Schulen und ich würde mir hierfür mehr Aufklärung, mehr soziale Arbeit, bessere Weiterbildungen für die Lehrkräfte oder auch Selbsthilfegruppen, die die Schüler selbst gestalten können, mit Profis wünschen. Ein Beispiel wäre ein anonymer Kummerkasten, wo man erstmal Dinge teilen kann ohne verurteilt zu werden und diese dann bearbeitetet werden und vielleicht Ideen an einem schwarzen Brett ausgehangen werden. Eine andere Idee wäre eine gesonderte AG, wo man freiwillig mehr über das Thema erfahren kann bzw. sich austauschen kann mit geschultem Personal. Des ´weiteren finde ich sollte jede Schule über mindestens einen Sozialarbeiter und eine Psychologin verfügen.
Ich weiß, dass der Personalstand niedrig ist und Lehrkräfte auch oft an ihre Grenzen kommen, deshalb finde ich müssen auch hierfür neue politische Maßnahmen in Angriff genommen werden.
Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren? Welche Skills nutzt du in Krisensituationen?
Mir hat am meisten die DBT Therapie, die ich 3 Monate stationär gemacht habe, sehr geholfen. In dieser Therapie lernte ich zum ersten Mal Skills zum Regulieren meiner Gefühle kennen, lernte mich und meine Erkrankung besser verstehen und das Wichtigste:
Ich lernte, dass ich zwar ein Gefühl habe aber nicht das Gefühl bin!
Was möchtest du anderen betroffenen jungen Menschen mit auf den Weg geben?
„Sei kein Gefangener in deinen Emotionen, sondern lerne mit ihnen im Regen zu tanzen.“
Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?
Ich bin facettenreich und perfekt unperfekt! Meine Kämpfe habe ich wie alle von uns alleine kämpfen müssen, doch ich habe mir Helfer gesucht, die mich dabei immer wieder unterstützen – z.B. Freunde und Therapeuten.
Und das schätze ich am meisten an mir, dass ich mir Hilfe zur Selbsthilfe gesucht habe und nicht aufgebe!
Vanessa ist auf Instagram: @bordieschmordie