Alexander - Depression

Depression: Nicht das Festhalten macht einen Menschen stark, es ist das Loslassen, was wahre Stärke zeigt.

Betroffener: Alexander Bothe
Jahrgang: 1978
Diagnosen: Schwere Depression, komplexe PTBS, Dissoziative Amnesie
Therapien: stationäre und ambulante Therapie
Ressourcen: Lesen, Kochen, Zeit mit der Familie verbringen

 

Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?

Die Diagnosen erhielt ich im April 2010, als ich nach einem Suizidversuch im Bezirksklinikum Werneck landete. Meiner Frau war schon ca. ½ Jahr vor der offiziellen Diagnose aufgefallen, dass ich mich verändert hatte. Ich war unkonzentriert, aggressiv, lustlos und verkroch mich im Internet.

Auslöser war, dass ich für einen Radiosender eine Sendung zum Thema „Gewalt und Missbrauch in Familien“ machen sollte. Mit dieser Arbeit und durch den Kontakt zu Betroffenen kamen dann die Erinnerungen an die eigene Kindheit hoch. Diese schoben sich immer mehr in den Vordergrund, bis ich dann am 10.04.2010 mein Leben beenden wollte.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Was bringt es, sich immer mehr zu verstecken? Wie soll ich Hilfe annehmen, wenn ich mich nicht äußere? Vielleicht ermutige ich andere damit, „Gesicht zu zeigen“. Denn nur so kann geholfen werden. So erreichen wir, dass in der Öffentlichkeit mehr Verständnis für diese Themen und Erkrankungen erreicht wird.

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?

Viele haben sich abgewendet. Ich denke, sie waren wie ich auch, überfordert. Ich mache niemandem einen Vorwurf, denn auch ich habe mich komplett zurückgezogen.

 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Mir hat es geholfen, mich auf die Krankheit einzulassen, das heißt zu akzeptieren, dass ich an einem Punkt bin, an dem es einfach nicht mehr weitergeht.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

In Krisensituationen hilft es mir, dass ich gelernt habe mich jemandem anzuvertrauen, statt alles in mich hineinzufressen.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Die Depression ist auch eine Chance. Versucht euch persönlich kennenzulernen, auch wenn es weh tut.

Versteckt euch nicht. Vertraut euch jemandem an, nehmt Hilfe in Anspruch. Und vor allem macht euch klar: Ihr seid nicht alleine (5,3 Mio. Betroffene).

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Seid für Betroffene da, hört zu. Sucht euch ebenfalls Hilfe, z.B. in Selbsthilfegruppen für Angehörige. Hört uns bitte zu, akzeptiert unsere momentanen Schwächen, seid einfach da.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Schwierige Frage. Ich denke, ich kann zuhören und mich in die andere Person hineinversetzen. Ich stehe zu meiner Meinung und zu meinen Ansichten über die Dinge.

Alexander ist 1. Vorstand des gemeinnützigen Selbsthilfevereins
„Dieser Weg – Zurück ins Leben“.