Andy Feind - Depressionen

Depressionen: Ich möchte Brücken auf- und Vorurteile abbauen.

Betroffener: Andy Feind
Jahrgang: 1984
Diagnosen: Rezidivierende Depression, Dysthymie
Therapien: ambulante Verhaltenstherapie, Klinikaufenthalte (voll- und teilstationär)
Ressourcen: Meine Familie und Freunde, spazieren im Sonnenschein, Schreiben, Videospiele, Vorträge und Gespräche

 

Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?

Begonnen hat alles 2001 wegen eines Schicksalsschlages. Die Diagnose erhielt ich erst Ende 2008. Bis dahin trug ich die Depression unwissend schon seit mehr als sieben Jahren mit mir herum. „Ist einfach eine scheiß Zeit“, war mein Kredo in diesen sieben Jahren. Dass irgendwas mit mir nicht stimmt, wollte ich mir nicht eingestehen. Nach einem Suizidversuch, den ich nur durch Zufall abbrach, wurde mir dann aber klar, dass es so nicht weitergehen konnte und ich bin zu meinem Hausarzt gegangen, der mich dann an einen Psychologen überwiesen hat. Dieser meinte einige Wochen später, dass ich an einer Depression leide und mich behandeln lassen muss, was ich auch tat. Mitte 2016 habe ich dann zusätzlich die Diagnose „Dysthymie“ erhalten.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Während meiner ganzen Therapien, egal ob ambulant, teil- oder vollstationär, hat man mir oft gesagt, dass es bemerkenswert ist, dass ich so offen über meine Störung sprechen kann. Und genau das wollte ich mir irgendwann zu Nutze machen. Da ich sowieso vorhatte, ein Buch zum Thema zu schreiben, entschied ich mich, mit meiner Erkrankung an die Öffentlichkeit zu gehen, um anderen Betroffenen Mut zu machen. Ich wollte zeigen, dass es immer weitergehen kann, wenn man am Ball bleibt und, dass die Krankheit einfach nicht „gewinnen“ darf. Ich möchte Brücken auf- und Vorurteile abbauen. Ich möchte Menschen, die sich nicht vorstellen können, wie sich so etwas anfühlt, zeigen, was es bedeutet, mit solch einer Krankheit konfrontiert zu sein.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?

Mein Umfeld hat unterschiedlich reagiert. Meine Eltern wussten zwar, dass irgendwas nicht stimmt, aber sie konnten sich nicht wirklich vorstellen, was die Krankheit bedeutet. Aber sie haben sie akzeptiert und versucht, so gut wie möglich mit mir umzugehen. Ist eben eine andere Generation, die mit der Thematik nicht so viel in Berührung gekommen ist wie die heutige Generation. Meine Freunde und viele Andere haben neutral bis positiv reagiert. Manche sagten „Was? Du auch?“, was mich stellenweise schon sehr verblüffte und mir klar machte: Wir sind viele. Leider musste ich auch die Erfahrung machen, dass sich einer meiner besten Freunde komplett von mir abgewandt hat, kurz nachdem ich ihm in einem deutlichen Gespräch sagte, was in mir und meinem Kopf vorgeht.

 

Welche Dinge haben Dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Definitiv die Gespräche darüber. Egal ob mit Betroffenen oder meinen Therapeuten. Gespräche sind so wichtig. Einer meiner wichtigsten Wege, damit klarzukommen, war das Schreiben meines Buches „Gedankengewitter“. Ich habe so viel aufgearbeitet, neu durchlebt und konnte mit so vielem abschließen. Schreiben kann ich nur empfehlen, auch wenn man vielleicht nichts veröffentlichen möchte. Es wirkt Wunder.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

In Krisensituationen gibt es wenig Ressourcen, die ich nutzen kann, weil ich mich nur schwer aufraffen kann. Ich versuche, nach Draußen zu gehen, um Sonnenlicht zu tanken und versuche Dinge zu tun, die ich mag und die mir ein gutes Gefühl geben. Auch das Akzeptieren des Tages als „schlechten Tag“ hilft mir, am nächsten Tag wieder etwas besser dazustehen. Ich machte die Erfahrung, dass es meine schlechten Phasen nur verlängert, wenn ich mich zu sehr gegen sie wehre.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Gebt nicht auf. Auch wenn es aussichtslos erscheint, findet sich immer ein Weg hinaus. Sprecht über eure Gefühle und schämt euch nicht, nur weil Ihr krank seid. Ein gebrochenes Bein ist auch nichts, wofür man sich schämt.

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Ich denke, am Wichtigsten ist es, wenn man mit einem Betroffenen normal umgeht. Fragt nach Unternehmungen, bietet Hilfe an und gebt ihm das Gefühl, dass ihr für ihn da seid. Auch, wenn sich der Betroffene zurückzieht und es den Anschein hat, dass er die Einsamkeit sucht – es tut dem Erkrankten gut zu wissen, dass immer jemand für ihn da ist.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Ich bin stets höflich, respektvoll und immer hilfsbereit. Auch wenn es mir eigentlich schlecht geht, so liegen mir die anderen am Herzen.
 
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