Depressionen: Anderen zeigen, dass man zusammen als Familie schlimme Ereignisse, die durch eine psychische Erkrankung entstehen, gestärkt überwinden kann..

Angehörige: Sibylle Hauck
Jahrgang: 1971
Angehörige von: Uwe Hauck, Generalisierte Angststörung und schwere, wiederkehrende Depressionen
Hilfsangebote: Ich bin selbst in therapeutischer Behandlung bei einer Verhaltenstherapeutin
Ressourcen: Spaziergänge mit Freundin und Kindern, Lesen, Garten, Fitnessstudio

 

Wie hast du von der Störung deines Partners erfahren, und was war deine erste Reaktion?

Von der Diagnose der schweren Depression habe ich erst nach dem Suizidversuch meines Mannes in der Klinik erfahren. Ich war sehr erleichtert eine Erklärung für sein Verhalten und die damit einhergehenden Probleme zu erhalten. Für mich war es eine Bestätigung, dass nicht der Mensch „Uwe“, sondern die Krankheit das Problem war.

 

Wieso möchtest du anderen Angehörigen Mut machen?

Es ist mir wichtig, dass es ein Verständnis dafür gibt, dass psychische Erkrankungen nicht den Charakter der Betroffenen widerspiegeln. Fast noch wichtiger ist es mir, zu vermitteln, dass psychische Krankheiten schwerwiegende Krankheiten sind, die für die Betroffenen tödlich enden können. Wir sollten endlich anerkennen, dass es „normal“ ist, dass auch die Seele krank werden kann und dass, wenn man sich helfen lässt, die Heilungschancen sehr gut sind. Je früher desto besser. Darum ist es wichtig, der Gesellschaft die Angst vor diesen Krankheiten zu nehmen. Nur wenn Angehörige, Freunde und Kollegen wissen, dass Depressionen eine ganz normale Krankheit sind und es JEDEN treffen kann, wird es „gesellschaftsfähig“ darüber zu sprechen und sich Hilfe zu holen.

 

Was hat dir am meisten geholfen, mit der Krankheit deines Partners umzugehen? Welche Hilfsangebote für Angehörige nutzt du?

Für mich war es erst einmal wichtig zu erfahren, dass Uwe eine Krankheit hat und er deshalb immer so unzufrieden war. Wenn ich ihn darauf ansprach, hatte er nie ein Problem und er meinte, dass er auch nicht unzufrieden sei. Aber man konnte es ihm nie Recht machen, die ganze Familie hat darunter gelitten. Deshalb habe ich das Problem dann auch bei mir gesucht.
Mit der Diagnose konnte ich akzeptieren, dass nicht ich das Problem war, sondern die Krankheit.

Ich bin selbst in therapeutischer Behandlung, um zu lernen, die eingespielten Verhaltensweisen, wieder abzulegen, die sich während der unerkannten Krankheitsphase, die ja über zehn Jahre dauerte, eingeschlichen hatten. Es ist wichtig, dass sich auch Angehörige Hilfe holen, eine Familie ist ein komplexes System, welches sich gemeinsam entwickelt und welches auch gemeinsam wieder an einem „normalen“ Leben arbeiten muss!

 

Woraus schöpfst du neue Kraft für dich persönlich, in Momenten, in denen du dich schwach fühlst?

Ich selbst brauche sehr viel Ruhe um wieder zu Kräften kommen zu können. Gerne sitze ich dann im Garten und jäte Unkraut oder sortiere irgendwelche Dinge und versinke dabei in Gedanken. Spaziergänge an der frischen Luft, dann aber mit Begleitung, sind auch eine sehr gute Quelle um Energie zu schöpfen. In so einer Zeit versuche ich die Natur noch intensiver zu genießen. Ich finde es sehr wichtig, sich dann wieder klar zu werden, dass ein hektisches, fremdgesteuertes Leben nicht das Wichtigste ist.

 

Wie kannst du deinem Angehörigen in schwierigen Situationen und Krisen helfen?

Ich denke, am meisten helfe ich indem ich einfach da bin. Ich versuche dann herauszufinden, ob es wichtig ist, dass ich etwas bestimmtes tue, oder erledige, da er in dieser Situation selbst nicht in der Lage dazu ist, oder ob ich ihn einfach in Ruhe lasse und „greifbar“ bin, falls er mich braucht.
Manchmal ist es auch wichtig, nichts zu tun und ihn einfach durch diese Phase mit meiner Anwesenheit zu begleiten.

 

Was wünschst du dir von deinem Angehörigen?

Mein größter Wunsch ist es, dass er mir direkt sagen kann, wenn es ihm schlecht geht und ob und wenn ja, welche Hilfe er braucht. Bisher muss ich immer noch vorsichtig versuchen, alles aus ihm herauszukitzeln.

 

Was schätzt du am meisten an deinem Angehörigen? Was kannst du von ihm lernen?

Er ist ein absoluter Kämpfer, der sich nicht schämt, mit dieser für die Gesellschaft offensichtlich immer noch als Schwäche geltenden Krankheit offen umzugehen und sich dafür einzusetzen, anderen zu helfen. Er hat aus dieser anscheinend ausweglosen Situation einen wunderbaren Sinn für sein/unser Leben gezogen. Ich bin sehr stolz auf ihn, dass er nicht aufgegeben hat, auch wenn er oftmals kurz davor war.
 
Uwe Hauck hat bei den #Mutmachleuten bereits einen Beitrag Uwe Hauck verfasst.