Depressionen & Ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung: Auch mit Depressionen ist ein sinn- und freudvolles Leben möglich.
Betroffener: Bernd Andreas Czarnitzki
Jahrgang: 1961
Diagnosen: Rezidivierende mittelgradige Depression, Ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung
Therapien: Ambulante tiefenpsychologische Therapie, Selbsthilfegruppe
Ressourcen: Walken, Spazieren, Malen, Austausch, Genesungsbegleitung
Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?
2007 kam ich aufgrund eines Burn-outs in die Rehabilitation. Dort wurden bei mir Depressionen diagnostiziert. In meiner zweiten Reha 2011 traten meine Ängste mehr in den Vordergrund und man diagnostizierte mir eine Ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung.
Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?
Nach einer Phase mit 150 Bewerbungen als PC-Fachmann mit ebenso vielen Absagen und meiner zweiten Reha wollte ich mich nicht mehr verstellen müssen und suchte eine Möglichkeit, meine Erfahrungen mit meinen Erkrankungen und mit meinem Leben nutzen zu können. Ich fand diese Möglichkeit in meinem neuen Beruf: Genesungsbegleiter.
Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?
Meine Frau hat sehr gefasst reagiert und mich sehr unterstützt. Mein Freundeskreis ist auf Distanz gegangen und hat sich in den letzten Jahren völlig verändert. Heute habe ich hauptsächlich Freunde aus dem psychiatrischen Umfeld. Ich hoffe, dass wir irgendwann dahin kommen, dass wir Menschen mit einer psychischen Erkrankung genauso annehmen und behandeln wie Menschen, die sich z.B. einen Arm gebrochen haben.
Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?
Viele Informationen aus Büchern, das Internet und Gespräche, aber auch Lebensberichte von anderen Erkrankten, meine tiefenpsychologische Therapie und meine Selbsthilfegruppe haben mir geholfen, meine Erkrankung zu akzeptieren. Hauptsächlich hat mir geholfen, dass ich andere Erkrankte erlebte und wie sie mit ihrer Krankheit umgehen.
Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?
Wenn ich merke, dass meine Stimmung absinkt, dann beende ich meine derzeitige Arbeit und mache, was mir Spaß macht. Ich habe durch Achtsamkeit ein feines Gespür dafür entwickelt, was mir im Moment guttut. Das kann ein Spaziergang sein, Fahrradfahren, Qigong oder mit jemandem sprechen.
Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?
Es gibt einen Weg aus dem dunklen Tal. Durch meine Lebensänderung und meinen Umgang mit meiner Erkrankung bin ich ein gutes Beispiel dafür. Auch mit einer psychischen Erkrankung ist ein sinn- und freudvolles Leben möglich.
Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?
Es gibt nur zwei Dinge, die Angehörige tun können. Erstens: Da sein. Wenn das zu belastend wird, kommt zweitens: Tue dir selbst hin und wieder etwas Gutes und drehe dich nicht nur um deinen erkrankten Angehörigen.
Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?
Durch meine Erkrankung habe ich eine gewisse Gelassenheit entwickelt, durch die ich sehr viel Ruhe ausstrahlen kann. Ohne mein großes Einfühlungsvermögen könnte ich nicht im psychiatrischen Bereich als Mensch tätig sein. Das ist für mich die wichtigste Charaktereigenschaft.
Mehr dazu findet Ihr auf Bernds Homepage.