Psychische Gesundheit im Alter – Risiko Demenz

Risiko Demenz – Risiko Stigma

In Deutschland leben derzeit ca. 1,7 Mio. von Demenz betroffene Menschen. Laut Prognosen wird ein enormer Anstieg zu verzeichnen sein bei gleichbleibendem Erkrankungsrisiko. Von Demenz betroffen sind mehrheitlich Frauen. Die WHO schätzt einen Anstieg auf bis zu 82 Millionen in den kommenden Jahren.

Eine Demenzerkrankung wird häufig immer noch zu spät erkannt. An- und Zugehörige trauen sich aus Angst vor Stigmatisierung und Ausgrenzung nicht darüber zu sprechen. Der Umgang mit Betroffenen stellt die Versorgenden unter enorme Herausforderungen. Meist übernehmen Angehörige die Betreuung und Pflege, müssen den Alltag organisieren und mit veränderten Verhaltensweisen der Betroffenen zurechtkommen.

Bei fortgeschrittener Demenz leben die Menschen in ihrer eigenen Welt und verlieren zunehmend den Bezug zur Realität. Angehörige und Partner*innen der Betroffenen stehen der Situation oft hilflos gegenüber. Durch fehlendes Wissen im Umgang mit einem demenzkranken Menschen  entstehen Ängste, die sich auf die ganze Familie übertragen können. Dies kann bis zur Grenze der Belastbarkeit führen.

Neueste Studien zeigen, dass durch gezielte Prävention und Verminderung potenzieller Risikofaktoren wie bspw. zu wenig Bewegung, Tabakkonsum oder zu hoher Alkoholkonsum, zu wenig kognitive Herausforderung oder soziale Isolation, Übergewicht oder auch Bluthochdruck, das Demenzrisiko durchaus zu senken ist. Dafür müssen auch die ambulanten Angebote ausgebaut werden. Außerdem muss es noch mehr Präventions- und Aufklärungsarbeit geben, die bspw. bereits in der Schule beginnt. Mobile Demenzteams können zusätzlich die Familien unterstützen.

Einen deutlichen Ausbau der Betreuungsangebote für Menschen mit Demenz und deren Angehörige ist erforderlich. Wir können den Großteil der Betreuung nicht auf die Angehörigen und vielen Ehrenamtlichen abwälzen!

 

Einsamkeit vorbeugen

Von Altersarmut bedroht sind immer mehr Rentner*innen. Wer im Alter arm ist, ist tendenziell stärker isoliert und einem höheren Risiko ausgesetzt, psychisch zu erkranken. Von 2011 bis 2020 stieg die Anzahl von Patient*innen mit Depressionen um 13,5 Prozent – in der Altersgruppe 60+ sogar um 20,5 Prozent. Sowohl von der Armut als auch von psychischen Erkrankungen sind am häufigsten Frauen betroffen.

Viele ältere Menschen leben allein und sind der Gefahr der sozialen Isolation besonders ausgesetzt. Große Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der älteren Bürger*innen hat – auch durch Corona forciert – die Einsamkeit.

Wir müssen die Betroffenen vor einer Tabuisierung und Stigmatisierung schützen. Die Folgen von Einsamkeit sind nicht nur eine individuelle, sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung.

Warum also nicht Einsamkeitsbeauftragte, z.B. in den Gesundheitsregionen plus einsetzen? Es können Begegnungsstätten ausgebaut werden und barrierefreie Quartiere entstehen. Ein Schwerpunkt in den kommenden Jahren muss sein, die Vernetzung und Zusammenarbeit auszubauen und die regionale Verankerung vor Ort zu verbessern.

Auch Selbsthilfegruppen können hier sehr hilfreich sein. Dort lernen die Angehörigen voneinander und können sich in den schwierigen Situationen unterstützen. Außerdem finden sie Rückhalt bei anderen Personen, die sich in ähnlichen Lebenssituationen befinden.

 

Was wir nicht vergessen dürfen: Demente Menschen als Gleichberechtigte und Teil unserer Gesellschaft verstehen.

Grundlegend muss es einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft im Umgang mit dem Thema Demenz geben. Die Selbstbestimmung und Würde der Betroffenen müssen bewahrt werden.

Auf Seiten der Gesetzgebung muss die Verbesserung der Lebensbedingungen und der Lebensqualität für die Betroffenen und ihre Angehörigen oberste Prämisse sein, um die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für Angehörige und Betroffene zu ermöglichen. Und nicht zuletzt ist die Sicherstellung der an den Bedarfen orientierten Betreuung und Pflege eine der wichtigsten Aufgaben – politisch und in den Institutionen.

 

Tina Meffert