PTBS: Bin gerade etwas neben der Spur – is‘ schön da!

Betroffene: Marisa
Jahrgang: 1985
Diagnosen: Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), rezidivierende depressive Störung, Angststörung mit Panikattacken, Essstörung
Therapien: ambulante Schema- und Traumatherapie
Ressourcen: mein Assistenzhund Hodor, mein Mann, lesen, mein Blog

 

Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?

Im Grunde genommen wusste ich schon seit frühester Jugend, dass etwas „nicht okay“ mit mir sein kann. Ich habe damals zwar öfters Termine bei Psychiatern ausgemacht, bin aber entweder nicht hingegangen oder aber habe nach den Terminen die Ärzte nett belächelt und alles weiterhin verdrängt. Es durfte halt nicht sein. Richtig offiziell, mit Diagnosen und allem drum und dran, ging es dann vor ca. fünf Jahren los, als mein Hausarzt mir das erste Mal direkt ins Gesicht sagte, er sei der Meinung, dass ich nicht nur leicht depressiv sei. Er bat mich darum, psychologische Hilfe anzunehmen. Damals konnte ich das nur leider nicht so umsetzen. Erst vor ca. drei Jahren ging es dann richtig los mit regelmäßiger Psychotherapie und Terminen beim Psychiater.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Ich habe mich entschieden, Gesicht zu zeigen, weil ich es leid bin, immer wegzurennen. Mein Leben lang habe ich geschwiegen aus Angst vor Ablehnung oder Verurteilung. Inzwischen ist mir das egal. Sollen mich die Menschen wegen meiner Erkrankung ablehnen und verurteilen, das zeigt mir lediglich, auf welche Personen ich gut und gern verzichten kann.

Ich bin trotzdem ein vollständiger Mensch und wer das nicht sieht, der tut mir leid.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?

Im Grunde genommen habe ich so ziemlich jeden sozialen Kontakt von damals verloren, weil mein Umfeld nicht damit umgehen konnte, dass ich plötzlich offen zu meiner Diagnose gestanden habe und mich auch dementsprechend verhielt. Aber das war okay für mich. Den ein oder anderen Kontakt habe ich auch selbst abgebrochen. Mit Beginn der Selbstakzeptanz meiner Erkrankung habe ich einen neuen Lebensabschnitt begonnen, in dem einige Menschen keinen Platz mehr fanden, andere wiederum umso mehr. Ich hätte mir gewünscht, und würde mir noch immer wünschen, dass die Menschheit offener mit psychischen Erkrankungen umgeht. Dass man nicht direkt die Schublade aufmacht, sondern sich ernsthaft mit den Menschen auseinandersetzt.

 

Welche Dinge haben Dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Eine wirklich gute Frage. Ich glaube, am meisten hat mir geholfen, zu erkennen, dass ich keine Schuld an meiner Krankheit trage. Ich habe lange mit mir selbst gehadert und gab mir die Schuld für alles, was passiert ist. Seitdem ich dies nicht mehr tue, kann ich auch die Folgen, also meine Erkrankung, akzeptieren.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Meinen Assistenzhund und einen „Notfallkoffer“ mit Skills und Bedarfsmedikamenten.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Sich Hilfe zu suchen, ist keine Schande und in Therapie zu gehen, zeigt lediglich, wie stark man ist, dass man es schafft unter Blut, Schweiß und Tränen sein Leben neu zu ordnen.

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Bitte gebt nicht auf. Weder eure Liebsten noch euch selbst. Setzt euch gemeinsam hin, sprecht miteinander, hört euch zu. Tankt Kraft, wann immer es geht. Versucht zu verstehen, auch wenn ihr nicht verstehen könnt. Und versucht uns zu verzeihen, wenn wir mal nicht so nett sind.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Am meisten schätze ich meinen unstillbaren Hunger auf’s Leben und meinen Humor.
 
Marisa bloggt auf: Mein Weg aus der Angst.