Selbstunsichere Persönlichkeitsstörung & rezidivierende depressive Störung: Die unbequemste Art der Fortbewegung ist das in sich gehen.
Betroffene: Jessy
Jahrgang: 1988
Diagnose: Sozialphobie, selbstunsichere Persönlichkeitsstörung, rezidivierende Depressive Störung; Verdacht auf DysthymieTherapie: Gesprächstherapie; stationärer Aufenthalt (Allgemeinpsychiatrische Abteilung), Diagnostik (Station für Persönlichkeits- und Belastungsstörung); stationäre Verhaltenstherapie (Station für Angst- und Zwangsstörung); Teilnahme APS-Studie (Studie zu Panikstörung in Verbindung mit Persönlichkeitsproblemen); analytische Psychotherapie/tiefenfundierte Psychotherapie
Ressourcen: Lesen, Zeichnen, Schreiben, Gitarre spielen, meine Familie
Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?
Ich war eigentlich schon immer „anders“. Seit 2017 haben die „Kinder“ nun ihre wahren Namen. Etliche Arztbesuche inklusive Verdachtsdiagnosen waren „notwendig“, damit ich die Diagnosen, die zu meinem Verhalten passen, auch endgültig erhielt.
Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?
Mein Gesicht zeige ich schon seit etlichen Jahren zusammen mit zwei weiteren lieben Mädels, die die dieselben Diagnosen haben wie ich. Außerdem „leite“ ich auf Facebook eine kleine Gruppe, die sich mit dem weiten Spektrum der Psyche beschäftigt und versucht, gegen die Stigmatisierung anzukämpfen.
Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?
Unterschiedlich. Die einen „freuen“ sich für mich, dass ich endlich Gewissheit habe, und ein paar wenige haben sich abgewandt.
Und dann gab es in der Vergangenheit leider immer mal Menschen, die mich nicht wirklich ernstgenommen haben und sich über meine Diagnose lustig gemacht haben. Ich wünsche mir einfach nur, dass man anders damit umgeht und mich und meine Diagnose einfach ernstnimmt. Denn es ist wirklich nicht zum Lachen, ganz im Gegenteil, manchmal ist es nämlich ganz schön schwer, ich selbst zu sein.
Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?
Selbstreflektion, über verschiedene Wege Informationen raussuchen und ganz viele Gespräche.
Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?
Selbstreflektion, ganz viele Gespräche mit Freunden, der Familie, die ASP-Betreuung, mein Therapeut und diverse Werkzeuge, die ich innerhalb der stationären Therapie erlernen durfte.
Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?
Sich Hilfe zu holen ist kein Zeichen der Schwäche, sondern unfassbar stark.
Habt also keine Scheu, um Hilfe zu bitten, wenn ihr nicht mehr weiterwisst.
Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir
(einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?
Nehmt die Sorgen und Ängste der Betroffenen ernst, aber gebt ihnen nicht das Gefühl, dass diese Sorgen und Ängste begründet sind. Unterstützt sie beim Bewältigen ihrer Sorgen und Ängste, nehmt ihnen nicht alles ab, denn nur wenn man immer wieder dasselbe übt, dann wird es zur Gewohnheit und dann macht die beängstigende Sache irgendwann nicht mehr so viel Angst.
Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?
Ich bin sehr sensibel, was mir dabei hilft, mich in andere hineinzuversetzen. Ich bin ehrlich, und
mit mir hat man nicht nur jemanden, mit dem man Pferde stehlen kann, sondern auch jemanden, der im Sturm da ist und bei einem bleibt.
Jessy hat einen eigenen Blog.