Mutmachleute Trauma Therapie

Wenn es Zeit wird, psychotraumatologische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Mutmacherin Heike Pfennig macht allen Mut, sich – wenn die Zeit kommt – in eine stationäre Therapie zu begeben.

 

Ich gehe in die Traumaklinik. Und möchte dir Mut schenken.

Gerade jetzt, in der Weihnachtszeit, werde ich Mitte Dezember zum zweiten Mal in eine Traumaklinik gehen. Ich möchte heute darüber schreiben, warum ich mich dafür entschieden habe. Und damit vielleicht anderen Betroffenen Mut machen, oder ein kleines Stück Angst nehmen. Es ist die Angst, die viele Betroffene zögern lässt und verhindert, dass auch sie sich für diesen Weg entscheiden. Ehrlich: Angst habe ich auch. Eine Scheiß-Angst. Das ist so, es darf sein und es wird mich NICHT davon abbringen, pünktlich in der Traumaklinik zu erscheinen.

Ich habe jetzt 55 Stunden ambulante Traumatherapie gemacht. Diese Form der Therapie ist harte Arbeit und bringt harte Wahrheiten an die Oberfläche. Jetzt, nach 55 Stunden, bin ich endlich angekommen. Endlich gebe ich meiner Therapeutin mein volles Vertrauen, endlich übernehme ich Verantwortung. Der wichtigste Schritt in der Therapie.

Der Aufenthalt in der Traumaklinik kann genau diesen Erfolg weiterführen. Mich voranbringen und weiter stabilisieren, mir das Licht im Leben wiederbringen. Schon mein erster Aufenthalt in einer Klinik hat mir geholfen, ein ganzes Stück zurück in mein Leben zu kommen. Dies hat die ambulante Traumatherapie überhaupt erst möglich gemacht, denn ohne die Klinik wäre ich ganz sicher nicht da, wo ich jetzt bin. Sie hat mich, obwohl ich keine verbalen Gruppentherapien geschafft habe, wesentlich vorangebracht. Schon damals war klar, es wird mindestens einen weiteren Klinikaufenthalt geben.

Ich habe verstanden, dass die Depression nicht zuerst da war. Zunächst gab es die vielen Probleme, die mir insbesondere durch meine Traumata widerfuhren. Die Traumata waren zuerst da. Sie haben meine Verhaltens- und Denkweisen geprägt, und erst später die Depression und andere Nebendiagnosen ausgelöst.

Es wird mir immer besser gehen, je mehr ich von meinen Traumata erfahre, mich mit ihnen konfrontiere, um dann Schritt für Schritt loslassen zu können. Nur so!

 

Aufgeben ist keine Option.

Zwölf bevorstehende Wochen sind eine lange Zeit, die aber sehr schnell verfliegen wird. In der Klinik muss ich bestimmte Regeln und Normen einhalten, auch wenn ich sie nicht verstehe. Sie sollen mir Halt und Sicherheit geben und einen guten Therapieaufenthalt sicherstellen. Wenn ich diesen Schritt gehe, sollte ich mir dessen bewusst sein. Es ist eine Klinik, keine Reha und kein Hotel.

Der Aufenthalt in der Klinik wird mir all meine Kraft, all meine Nerven, all mein Wollen und all mein Vertrauen abverlangen. Ja, ich werde mehrfach glauben, dass ich falsch bin, dass ich aufgeben werde. Das ist so. Aber: Aufgeben ist keine Option – nicht für mich. Ja, ich werde so manchen Berg besteigen, oben die Aussicht genießen und wieder herunterfallen. Das kann sein oder auch nicht. Ich werde mich freuen, ärgern, lachen, vielleicht endlich weinen, mich zurückziehen und hinausgehen. Alles darf sein. Nur voran ist wichtig.

 

Vorankommen, zurück ins Leben

Das ist mein Grund, meine Entscheidung für einen Klinikaufenthalt. Für diesen sind ein paar meiner Erkenntnisse und Erfahrungen sehr wichtig. Diese möchte ich mit euch teilen:

  • Ich übernehme Verantwortung für MICH. Es ist meine Verantwortung, mich unterschiedlichen Themen und Problemen zu nähern und zu öffnen.
  • Ich kann – im geschützten Raum – intensiv an MEINEN Auslösern bzw. Triggern arbeiten.
  • Ich kann den Therapeuten voll vertrauen. Ich kann mich öffnen und über alles reden.
  • Ich möchte versuchen, immer bei MIR zu bleiben. Heißt, sagen was ich denke und fühle, ohne schlechtes Gewissen oder Angst.
  • Ich möchte nicht Dinge klären, sondern das Warum klären. Nicht was ich getan habe ist wichtig, sondern WARUM ich es getan und gefühlt habe.
  • Ich möchte gut für mich sorgen, Grenzen beachten und Stop sagen. Mich fordern, aber nicht überfordern. Ich versuche MIR SELBST ZU VERTRAUEN.
  • Ich behandle Menschen so, wie ich selbst gern behandelt werden möchte.
  • Ich ziehe mir nur die Jacke an, die die meine ist.
  • Wenn ich Antworten suche, frage ich die richtigen Personen, am besten meinen Therapeuten.

 

Auch eine Klinik kann keine Wunder vollbringen. Ich muss nicht alles gleichzeitig oder auf einmal meistern. Aber es kann alles sein. Ich habe den Mut. Ich sage meiner Angst: ich fühle dich und doch will ich Antworten, will ich wieder ohne Angst leben und das Licht des Lebens sehen, spüren und erleben. Deshalb gehe ich in die Klinik.

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Text: Heike Pfennig
Foto: pexels.com

Heike bloggt auf Ich bin einzigartig.