Angststörung: Du bist mehr als deine Diagnose(n)!

Betroffene: Jasmin
Jahrgang: 1990
Diagnose: Generalisierte Angststörung, soziale Phobie
Therapie: ambulante Verhaltenstherapie
Ressourcen: Ausflüge in die Natur (vor allem auf Burgen oder ans Meer), Schwimmen, Spieleabende, Lesen

 

Wie und wann hast du von deiner Erkrankung erfahren?

Die ersten Symptome bemerkte ich im Alter von 12 Jahren in der 6.Klasse in der Schule. Ich ertrug keine Menschen um mich herum und dachte, ich müsste sterben, schaffte es kaum in die Schule zu gehen und wenn, dann ertrug ich selten einen ganzen Schultag. Meine Mutter besuchte mit mir mehrere Ärzte. Viele Möglichkeiten wurden ausgeschlossen, aber was wirklich mit mir los war, wurde zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgedeckt. Meine Diagnosen erhielt ich erst im Frühjahr 2015 im Alter von 24 Jahren.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Weil wir in der Gesellschaft noch immer zu viel Stigmatisierung psychischer Erkrankungen vorfinden. Um dies zu ändern, scheint es mir unerlässlich, dass wir Betroffenen offen mit unseren Erkrankungen umgehen und zeigen: „Ich bin mehr als meine Diagnose(n)!“

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld (und der Gesellschaft) in Bezug auf deine Erkrankung wünschen?

In der Schule wurde ich gemobbt, weil ich mich anders verhielt. Aufgrund meiner Beschwerden zog ich mich zurück und nahm wenig an der Klassengemeinschaft teil. Als ich einige Jahre später dann aber meiner damaligen besten Freundin davon erzählte, reagierte sie sehr lieb und fürsorglich und hat mich darin unterstützt, Hilfe zu holen. Ich denke, das ist auch die Reaktion, die man Betroffenen gegenüber zeigen sollte: Da sein, einfach zuhören und Hilfe anbieten.

 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Die Unterstützung meiner Frau, sie an meiner Seite zu haben, wissen, dass da jemand ist, der immer für einen da ist und einem zuhört.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Ich versuche mich abzulenken mit irgendetwas, was mir gerade Spaß macht. Je nach Laune kann das heißen, dass ich dann schwimmen gehe oder mit meiner Frau Filme oder Serien schaue. In den schlimmsten Momenten konzentriere ich mich auf meine Atmung, erkenne quasi dann immer, dass diese sehr unregelmäßig ist und meist spüre ich schnell eine Besserung, sobald ich wieder regelmäßig atme.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Sucht euch Hilfe, wenn ihr welche braucht und vor allem, werdet euch darüber bewusst, dass solche Probleme nicht von heute auf morgen verschwinden, sondern dass es viel Arbeit ist und lange dauern kann. Akzeptiert Rückschläge und seid nicht sauer oder enttäuscht, wenn etwas mal nicht ganz so klappt. Aber das Wichtigste:

Immer weiter machen! Immer einmal mehr aufstehen als fallen! Es gibt keine Alternative dazu!

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Meiner Ansicht nach ist es toll, wenn man der betroffenen Person zeigt, dass man für sie da ist. Allerdings sollte man auch immer im Auge behalten, dass es einen selbst auch noch gibt und man das eigene Wohlbefinden nicht aus den Augen verlieren darf.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Ich bin ein ordentlicher, fleißiger, treuer, loyaler, liberaler und zuverlässiger Mensch. An mir schätze ich dementsprechend am meisten, dass ich weiß, dass ich eine gute Zuhörerin bin, die Geheimnisse sehr gut für sich behalten kann und, dass man mit mir als Freundin immer jemanden hinter sich hat, der zu einem steht und hilft, wo er nur kann.