Depression & Soziale Phobie: Jeder von uns ist Kunst, ist gezeichnet vom Leben.

Betroffene: Sandra
Jahrgang: 1992
Diagnosen: Rezidivierende Depression, Soziale Phobie
Therapien: ambulante Verhaltenstherapie, Tagesklinik
Ressourcen: Musik, Freunde, Natur – vor allem das Meer, Fotografieren, Malen

 

Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?

2013 habe ich das erste Mal schwarz auf weiß die Diagnosen Depression und soziale Phobie bekommen. Danach war ich an einem richtigen Tiefpunkt. Mir war aber eigentlich schon lange vorher klar, dass irgendwas nicht stimmte. Ich hatte immer Angst zum Arzt zu gehen und habe daher geschwiegen. Ich dachte, dass es schon irgendwie, ohne Hilfe, klappen würde. Mit der sozialen Phobie kann ich mittlerweile ganz gut umgehen. Auch wenn ich manchmal noch aufpassen muss, nicht in alte Muster zu fallen. Die Depression hingegen ist auch nach meiner letzten Therapie in 2016 geblieben.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Dieses ewige Versteckspiel und die ganze Maskerade raubt Einem mehr Kraft, als wenn man einfach alles offen nach außen trägt. Wenn ich etwas zu diesem Thema beitragen kann, dann mach ich es auch gerne. Manchmal knicke ich dennoch ein und verkrieche mich in mein Schneckenhaus. Damit soll endlich Schluss sein! Außerdem ist die Stigmatisierung in der heutigen Gesellschaft leider noch viel zu weit verbreitet.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?

Für meine Eltern war es am Anfang nicht leicht, aber mittlerweile klappt es ganz gut. Sonst gab es in den meisten Fällen positive Reaktionen und eine gewisse Dankbarkeit, wenn ich davon erzählt habe. Es gibt vereinzelt auch Menschen, die aufgrund dieser Diagnose nicht mehr in meinem Leben sind. Ich hab mich damit abgefunden und sehe es nicht mehr als Verlust. Denn, was gut ist, bleibt. Was bei mir sein will, kommt freiwillig und was gehen will, geht sowieso.

 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Mir haben Informationen zu der Krankheit durch Therapeuten, Internet, Dokus oder Bücher geholfen. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen ist hilfreich für die Akzeptanz. Vor allem die Zeit in der Tagesklinik hat mir gezeigt, dass es JEDEN treffen kann.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Ich gehe raus an die frische Luft und genieße die Natur. Laute Musik hilft mir auch sehr, oder ich unternehme etwas mit Freunden. Manchmal setze ich mich auch mit einem Tee oder Kaffee an den Schreibtisch und male etwas. Wenn die Spannung hoch ist, helfen mir auch bestimmte Skills z.B. Igelball, kaltes Wasser, Achtsamkeitsübungen, Yoga etc.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Der Weg ist nicht einfach, aber versucht wenigstens, ihn weiter zu gehen. Es geht nicht immer nur geradeaus, und es geht nicht immer, ohne zu stolpern. Manchmal drückt vielleicht nur ein kleiner Stein und im nächsten Moment liegt ein riesiger Fels vor euch. Vielleicht gehst du auch ein paar Schritte rückwärts, um Anlauf zu nehmen, oder du biegst nach links oder rechts ab. Auch das ist okay.

Es ist in Ordnung, nicht die ganze Zeit in Ordnung zu sein.

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Hört auf, dem Betroffenen Ratschläge zu geben und informiert euch über die Krankheit. Seid geduldig. Oft reicht schon die Anwesenheit oder eine feste Umarmung. Zieht klare Grenzen und geht weiterhin euren Lieblingsaktivitäten nach. Wichtig ist außerdem, bestimmte Verhaltensweisen vom Betroffenen nicht persönlich zu nehmen, auch wenn es manchmal schwerfällt.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Ich bin sehr emphatisch, liebevoll und hilfsbereit. Nicht zu vergessen: mein norddeutscher Humor, der sehr stumpf sein kann.