Depressionen & PTBS: Am Ende wird alles gut. Und wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende.

Betroffene: Kristin

Jahrgang: 1988

Diagnosen: rezidivierende Depression, Burnout, PTBS

Therapien: Verhaltenstherapie, Medikamente, Klinikaufenthalt

Ressourcen: Freund*innen, Familie, Reisen

 

 

Wie und wann hast du von deiner Erkrankung erfahren?

Angefangen hat es bei mir vor ein paar Jahren mit einer PTBS durch einen schweren Unfall in unserer Firma. Ich war zwar selber nicht darin verwickelt, aber ich habe mich dem Thema sehr angenommen. Durch die PTBS habe ich eine Depression entwickelt. Da ich in dieser Zeit schon eine Verhaltenstherapie machte, dachte ich, ich könnte das alleine schaffen. Ich war aber dann so am Boden dass ich mich doch entschieden habe, Medikament zu nehmen. Danach ging es aufwärts, aber der nächste Schicksalsschlag ließ nicht lange auf sich warten. Meine Mutter starb dann im Jahr darauf an einem Herzinfarkt, ganz plötzlich und ohne vorherige Anzeichen und dann ging das Jahr noch mit anderen Todesfällen weiter.

Ich selber hab es gar nicht so wahrgenommen, dass es mir schlecht geht. Ich habe funktioniert, aber meine Schwester hat mich überzeugt, dass mir ein Klinikaufenthalt, der mich wieder zu mir selber bringt, dass Beste wäre. Dies hab ich auch dann in diesem Jahr getan und bin froh darüber, diesen Schritt gemacht zu haben.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Viele Menschen können nicht verstehen was eine Depression mit einem macht, was man empfindet und was in einem vorgeht. Hier muss ich sagen, ich freu mich für jeden Menschen, der nicht durch diese persönliche Hölle gehen muss! Aber es ist wichtig, dass die Menschen im eigenen Umfeld verstehen lernen was es bedeutet, eine Depression zu haben und sie auch darauf vorzubereiten, dass es zwar ein schwieriger Gang ist, den man mit einem kranken Menschen geht, aber dieser Gang sich auch lohnt.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld (und der Gesellschaft) in Bezug auf deine Erkrankung wünschen?

Persönlich kann ich sagen, dass mein Umfeld wahnsinnig toll reagiert hat. Natürlich ist es der/dem einen oder anderen schwergefallen, es zu verstehen. Man kann auch nicht erwarten, dass es jede*r versteht.

Aber was ich mir wünsche und mittlerweile von unserer Gesellschaft erwarte ist, dass man psychische Erkrankungen mit Respekt behandelt und diese genauso ernst nimmt wie ein körperliches Leiden. Nur weil man Menschen nicht ansieht wie schlecht es ihnen geht, weil sie jahrelang eine „Schutzmaske“ auf hatten und niemandem zur Last fallen wollten, heißt das nicht dass sie nicht dieselbe Aufmerksamkeit und Akzeptanz verdient haben wie jemand, der an einer körperlichen Erkrankung leidet.

 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Der Klinikaufenthalt hat mich sehr weit gebracht. Ich war immer der Meinung ich müsse funktionieren und anderen Menschen ginge es viel schlechter als mir und ich müsse mich zusammenreißen. Dort habe ich gelernt, mich selber zu reflektieren, meine Muster zu erkennen und wieder innere Ruhe zu spüren. Aber auch die Gespräche mit den Mitpatient*innen und die Akzeptanz, die ich von meiner Familie, meinen Freund*innen und meinen Arbeitskolleg*innen hatte, haben mir Sicherheit gegeben und mir gezeigt: mir darf es auch einmal schlecht gehen.


Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Musik ist hier ganz wichtig und auch einfach mal zu weinen und zu akzeptieren, dass es nicht schlimm ist, wenn man mal ein bisschen down ist. Selbstfürsorge! Ich tu mir etwas Gutes und ich rede offen darüber, auch wenn ich selber in dem Moment nicht weiß warum es mir so geht. Ab und zu male ich auch, um das Chaos aus meinem Kopf zu bekommen.


Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Ihr seid so stark! Ihr habt so viel durchgemacht und mitgemacht, es ist schwer, aber ihr werdet euer Leben wieder in den Griff bekommen! Steht zu euch und eurer Krankheit und nehmt Hilfe an.

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Informiert euch über das Thema und nehmt die Person ernst, wenn sie mit euch spricht. Ich weiß, es ist schwer sich hineinzuversetzen, aber es reicht schon wenn ihr zuhört und Verständnis zeigt. Geht mit zu den Therapeuti*innen lasst euch das Thema erklären. Gebt die Person einfach nicht auf!