Ihr Arzt nimmt Sie nicht ernst? Das können Sie dagegen tun!
Ein Gastbeitrag vom Team Arztphobie, Julia Dernbach & Thomas Hofmann
Das Portal klärt über Symptome, Krankheitsbilder und psychologische Themen auf, ohne Angst vor möglichen Folgen und Behandlungen zu schüren. Das ehrenamtlich tätige Team möchte dabei helfen, die Angst vor Ärzt*innen und medizinischen Behandlungen zu überwinden.
Ihr Arzt nimmt Sie nicht ernst? Das können Sie dagegen tun!
Manchmal führt einfach kein Weg daran vorbei. Ein Arztbesuch steht an – und für viele stellt das eine psychische Ausnahmesituation dar. Wie schlimm ist meine Krankheit? Liegt tatsächlich ein Problem vor, oder bilde ich mir nur etwas ein? Und: Wird der Arzt mich überhaupt ernst nehmen?
Besonders die letzte Frage beschäftigt immer mehr Menschen. In Zeiten klammer Krankenkassen sehen sie sich nur noch als eine Nummer unter vielen, als austauschbare Karteikarte. Speziell im Fall von psychischen Beschwerden fühlen sich viele Betroffene oft nicht ernst genommen. Und das trägt wiederum zum Entstehen einer Angst vor Ärzten bei. Eine gute Grundlage für eine vollständige und rasche Genesung stellt das allerdings nicht dar. Vertrauen als Basis ist ungemein wichtig. Fehlt dieses Vertrauen, bringt ein Arztbesuch statt Klarheit oft exakt das Gegenteil. Man verlässt die Praxis mit mehr bohrenden Fragen und nagenden Zweifeln als zuvor. Die Unsicherheit wächst.
Was also tun, wenn man das Gefühl hat, von seinem Arzt nicht ernst genommen zu werden? Wie soll man sich im Arztgespräch verhalten? Gibt es Möglichkeiten, sich besser vorzubereiten?
Richtige Vorbereitung auf den Arztbesuch
Ärzte sind auch nur Menschen. Soll heißen: Auch Ärzte haben einmal einen weniger guten Tag und widmen sich ihre Patienten nicht mit der Aufmerksamkeit, die sie eigentlich brauchen und verdienen. Zudem ist es meistens nicht einfach, in wenigen Minuten die passende Diagnose für ein spezifisches Problem zu stellen. Dafür braucht es Zeit. Werfen Sie deshalb nicht nach einem unangenehmen Arztbesuch die sprichwörtliche Flinte ins Korn. Oft sind mehrere Sitzungen nötig, bei denen der bisherige Krankheitsverlauf analysiert und die Behandlung gegebenenfalls angepasst wird.
Als Patient sind Sie dabei keineswegs auf die Rolle des passiven Empfängers reduziert. Sie können durchaus aktiv werden und zur Etablierung einer guten Arzt-Patienten-Beziehung beitragen. Wer sich nämlich gründlich auf einen anstehenden Arztbesuch vorbereitet, der geht mit einem gestärkten Selbstvertrauen in die Situation. Das hilft dabei, auf Fragen des Arztes rascher antworten und bei Unklarheiten zielgerichteter nachfragen zu können. Gleichzeitig erleichtert es die Arbeit des Arztes wesentlich.
Wir haben die wichtigsten Tipps für Sie zusammengestellt:
- Erheben Sie Ihren Status quo: Bringen Sie in Erfahrung, welche Kinderkrankheiten Sie durchgemacht haben und wie es aktuell um Ihren generellen Impfschutz bestellt ist. Leiden Sie an Vorerkrankungen? Sammeln Sie alle möglichen Informationen über sich selbst. So können Sie auf diesbezügliche Fragen des Arztes rasch und kompetent antworten. Das stärkt Ihr Selbstwertgefühl und folgerichtig das Selbstvertrauen.
- Erstellen Sie eine Checkliste: Um Ihre Situation vor Ort möglichst genau beschreiben zu können, fassen Sie die wichtigsten Informationen zusammen und schreiben Sie sie auf. Wann treten die Symptome auf? Wie machen sie sich bemerkbar? Und ganz besonders wichtig: Welche Fragen haben Sie überhaupt? Was genau möchten Sie von Ihrem Arzt wissen? Diese Klarheit schafft Struktur.
- Suchen Sie eine Vertrauensperson: Manche Menschen fühlen sich wohler, wenn sie von einer Vertrauensperson zum Arzt begleitet werden. Fragen Sie in Ihrem näheren persönlichen Umfeld nach. Ist die Nervosität von Haus aus niedriger, verläuft der Arztbesuch oft deutlich angenehmer.
- Freunde und Bekannte konsultieren: Wissen Sie von einem Freund oder einem Bekannten, der in der Vergangenheit bereits an Ihren aktuellen Symptomen gelitten hat? Dann fragen Sie doch nach und holen Sie persönliche Erfahrungsberichte ein. So bekommen Sie mehr Informationen und sind besser für etwaige Fragen des Arztes gerüstet.
- Selbst nach Informationen suchen: Es gibt keine Frage, auf die Sie im Internet nicht die Antwort finden. Sich im Vorfeld bereits online mit seinen Symptomen zu beschäftigen, kann Vorteile mit sich bringen. Wenn man weiß, wie man es macht. Achten Sie unbedingt auf die Qualität Ihrer Quellen und nutzen Sie ausschließlich seriöse Angebote.
Hilfreiches Verhalten während des Arztgesprächs
Besonders Kassenärzte stehen heute unter großem Zeitdruck und müssen so viele Patienten wie möglich behandeln, um annähernd profitabel arbeiten zu können. Dass bei vielen Menschen deshalb das Gefühl entsteht, nicht ernst genommen zu werden, ist nachvollziehbar.
Wir haben einige Empfehlungen dazu gesammelt, wie Sie zum Gelingen und zum positiven Klima eines Arztbesuchs beitragen können:
- Seien Sie konkret: Schildern Sie dem Arzt Ihre Beschwerden so genau wie möglich. Das heißt nicht, dass Sie ausufernd erzählen sollen. Eine prägnante und exakte Beschreibung ist ideal.
- Fragen Sie nach: Sollten Sie etwas verstanden haben – und das wird mit ziemlicher Sicherheit der Fall sein – fragen Sie unbedingt nach! Dadurch wirken Sie keineswegs verunsichert, sondern engagiert. Hat der Arzt das Gefühl, einem mündigen Patienten gegenüberzusitzen, verhält er sich womöglich anders.
- Sprechen Sie Zweifel an: Lassen Sie den Arzt wissen, wenn Sie sich unwohl fühlen oder Sie Zweifel haben. Freundlich und direkt, aber nicht vorwurfsvoll. Ein guter Arzt wird diese Bedenken nicht wegwischen, sondern darauf eingehen und sich bemühen, die Sachlage nochmals zu erklären. Diesmal vielleicht mit weniger Fachchinesisch.
- Erkundigen Sie sich nach Alternativen: Fragen Sie nach, ob es zu der vom Arzt vorgeschlagenen Behandlung noch Alternativen gibt. Oft existieren für ein Problem mehrere Lösungsansätze. Der Arzt greift in der Regel darauf zurück, wovon er sich die besten Heilungschancen verspricht und womit er sich am wohlsten fühlt. Besonders Punkt zwei muss nicht zwingend auch auf Sie als Patient zutreffen. Ein guter Arzt fühlt sich durch die Frage nach Alternativen keineswegs gekränkt, sondern erkennt in seinem Gegenüber einen mündigen Patienten.
Und ebenfalls wichtig: Ein gutes Gesprächsklima ergibt sich nur durch gegenseitiges Rücksichtnehmen und aussprechen lassen. Überrumpeln Sie den Arzt nicht mit den Ergebnissen Ihrer privaten Recherche. Lassen Sie ihn zunächst seine Diagnose erklären und bringen Sie Ihre Meinung danach erst ein. Gute Umgangsformen sind wichtig. Das gilt selbstverständlich für beide Seiten.
Was tun, wenn in der Nähe kein anderer Arzt verfügbar ist?
Besonders in ländlichen und strukturarmen Gegenden gibt es oft keine Möglichkeit, sich zwischen mehreren Hausärzten zu entscheiden. Meist existiert im Umkreis von mehreren Kilometern nur ein einziger praktizierender Arzt. Während sich jüngere und mobilere Menschen zumindest noch ins Auto setzen und in den nächstgrößeren Ballungsraum fahren könnten, haben ältere Menschen diese Option oft nicht. Was also tun, wenn man sich von seinem Arzt nicht verstanden fühlt, aber keine Ausweichmöglichkeit hat?
Eine mögliche Alternative bieten Online-Sprechstunden. In diesem Bereich gibt es ein mittlerweile immer breiter werdendes Angebot. Dank qualitativ hochwertiger Kameras in Laptops und Smartphones ist es für den Arzt kein Problem, sich anhand von Live-Bildern oder Live-Videos einen guten Eindruck von beispielsweise Ausschlägen oder Insektenstichen zu machen.
Arztwechsel? Ihr gutes Recht!
Auch wenn Sie sich noch so gut vorbereiten, im Gespräch noch so konkret und freundlich sind: Es gibt Konstellationen, die funktionieren einfach nicht. Es hat schlicht und einfach keinen Sinn, weiterhin einen Arzt aufzusuchen, von dem Sie sich nicht ernst genommen fühlen. Noch schlimmer ist es, wenn Sie durch die als herablassend empfundene Behandlung eine Angst vor Ärzten entwickeln. Die führt dazu, dass viele Betroffene einen notwendigen Arztbesuch vermeiden. Die gute Nachricht: In Deutschland gilt das Prinzip der freien Arztwahl. Sie sind nicht an einen einzigen Hausarzt in Ihrer näheren Umgebung gebunden, sondern können grundsätzlich frei wählen.
Wichtig ist dabei immer: Hören Sie auf Ihre innere Stimme. Wer sich nicht wohlfühlt, der wird langsamer wieder gesund. Die Auswirkungen einer angeknacksten Psyche auf unseren Körper sollten nämlich nicht unterschätzt werden. Leider kommt es heute noch oft vor, dass dieser Zusammenhang selbst von Ärzten nicht sofort gesehen wird. Dabei entstehen viele Probleme, mit denen sich ein normaler Hausarzt beschäftigen muss, auch durch sozialen Stress oder psychische Belastungen.
Ein Arztwechsel ist kein Zeichen von Schwäche. Im Gegenteil: Er zeigt nur, dass Sie sich intensiv mit sich selbst und der aktuellen Situationen auseinandergesetzt und erkannt haben, dass sich etwas ändern muss. Ein Arztwechsel ist vielmehr ein Zeichen von Stärke und Initiative!
Autor*innen: Julia Dernbach & Thomas Hofmann