Depressionen, Mutmachleute

Depressionen & Anpassungsstörung: Kalendersprüche helfen nicht, können aber witzig sein.

Betroffene: Kathleen
Jahrgang: 1995
Diagnose: Depressionen, Anpassungsstörung
Therapie: stationär und ambulant
Ressourcen: Schreiben, Fotografieren

 

Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?

2013 habe ich selbst gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Anfangs schiebt man sowas gern auf eine „Phase“. Irgendwann musste ich mir eingestehen, dass die Traurigkeit und Antriebslosigkeit langsam zum Dauerzustand mutiert ist, der mich ausbremst. In so einem jungen Alter, ich war damals 17, nimmt man das vielleicht auch nicht so ernst, weil es das Umfeld auch nicht tut. Als ich eine Therapie begonnen hatte, bekam mein Zustand dann auch den Namen Depression, den ich seither verwalte.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Es ist nicht so, dass ich nie Gesicht gezeigt hätte. Ich habe weniger ein Problem damit, auszusprechen, dass ich Depressionen habe, sondern eher damit die genauen Gründe dafür anzusprechen. Aber

das hier ist eine Plattform, die vielen Menschen viel bieten kann. Und wenn es nur das Gefühl ist, nicht allein zu sein. Deshalb mache ich mit.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?

Die meisten haben mich und meine Symptome ja erlebt, sodass die Diagnose keine große Überraschung war. Treffe ich auf neue Menschen und der Kontakt wird so nah, dass ich über meine Krankheit spreche, sind die Leute oft verwundert, weil ich nach außen sehr aufgeschlossen und fröhlich wirke. Was ich generell auch bin, nur eben nicht (mehr) jederzeit.

 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Eigentlich hat mir die die Zeit geholfen und die damit einhergehenden Erfahrungen. Ich habe einige Schübe mitgemacht und kann mittlerweile einschätzen, was gerade passiert. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen war sehr wichtig, um das Ganze auch als Krankheit zu verstehen und nicht nur als lebenserschwerende Eigenheit.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Mir hilft Ablenkung. Vom Rumkritzeln bis zum gezielten Herumlaufen in bestimmten Straßen und auf Wegen in der Stadt kann alles helfen. Das kommt immer auf die Situation an.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Das ist schwierig, da ich ja selbst keine Lösungsformel habe.

Auch wenn es ziemlich abgedroschen klingt – dran bleiben und nicht aufgeben. Erst, wenn man immer wieder aufsteht, kommt irgendwann der Moment, in dem man weiß, wofür man das Ganze gemacht hat. Auch wenn es immer wieder Dämpfer gibt, die einen alles in Frage stellen lassen. Irgendeine Hilfe braucht jeder. Welche das ist, muss jeder selbst herausfinden.

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir
(einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Mir kann man am besten helfen, wenn man meine Wünsche nicht hinterfragt und ich mich nicht rechtfertigen muss, wenn ich zum Beispiel allein sein möchte oder zu spontanen Sachen aufbreche. Sich erklären zu müssen, kann eine unglaubliche Drucksituation sein. Das sollte bestenfalls nicht dazu führen, dass sich der Angehörige missverstanden fühlt – Depressionen sind etwas sehr Egoistisches. Auch wenn es manchmal viel um die Außenwelt geht, steht in manchen Momenten nur das eigene Ich im Vordergrund. Das hat nichts damit zu tun, jemanden weniger gern zu haben, auch wenn man manchmal durch seine eigenen Probleme schlechter auf andere eingehen kann.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Ich würde mich als bedachten, sehr reflektierten und eigentlich ganz normal-verrückten Menschen einschätzen. Was mich oft rettet, ist, dass ich viel über mich und die Krankheit lachen kann und dadurch viele Sachen verhältnismäßig entspannt angehe. Daraus wird wohl auch die Kraft kommen, die mich immer wieder den Kampf antreten lässt. Auch wenn ich mir dieser Kraft in den entscheidenden Momenten nicht wirklich bewusst bin, ist sie ja doch irgendwie nie verloren gegangen.