Wir Mutmachleute gehen in die Sommerpause.

Aber vorher wird es ausnahmsweise ein bisschen politisch.

Auch dieses Jahr war bislang geprägt von kleineren und größeren Katastrophen, von schlimmen Schicksalen hierzulande und weltweit. Wir stehen vor großen Herausforderungen auf der ganzen Welt: Klimakrise, Hungersnöte, Naturkatastrophen,  Kriege, Diktaturen, Gefährdung der Demokratie in vielen Ländern … Und das Ende der Pandemie, die global Millionen Menschenleben kostet und Gesellschaften spaltet, ist nicht abzusehen.

Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie betreffen Familien (v.a. Alleinerziehende) und Kinder sowie Menschen mit psychischen Herausforderungen auf besondere Weise. Von pandemiebedingten Belastungen sind Kinder und Jugendliche in der Regel deutlich stärker betroffen, und so fordern auch wir, dass die besondere Vulnerabilität von Kindern und Jugendlichen politisch mit bedacht werden muss in Zukunft! Die psychischen Belastungen, die Zunahme häuslicher Gewalt, die Traumatisierung durch Covid-19 Todes- und Erkrankungsfälle im eigenen Umfeld und die erschreckende Zunahme psychischer Erkrankungen wie Depressionen, Angst- und Essstörungen bei jungen Menschen sind nicht nur ein Alarmsignal. Sie fordern zu umgehendem Handeln auf, wenn wir einen Teil der jungen Generation nicht verlieren wollen.

Menschen mit psychischen Erkrankungen, körperlichen und/oder geistigen Einschränkungen, Menschen in Pflegeeinrichtungen, in sozialpsychiatrischen Einrichtungen, Psychiatrien oder betreutem Wohnen – sie alle hatten und haben gerade in der Corona Pandemie besonders leiden müssen. Viele haben ihre Strukturen und Ansprechpersonen verloren. Der Pflegenotstand zeigt sich insbesondere in den Kliniken. Der Fachkräftemangel, der eine gute Versorgung der Patient*innen sehr, sehr schwierig macht, ist besorgniserregend. Die Zukunft der Profession Pflege, ob im stationären oder ambulanten Bereich, und damit die Zukunft der Versorgungslage einer stetig alternden Gesellschaft, ist nicht mit Beifall und warmen Worten gesichert. Dem Fachkräftemangel bspw. in der Pflege, der Jugendsozialarbeit oder im psychosozialen Bereich muss massiv entgegengewirkt werden. Denn: Die Professionen im Gesundheits- und Sozialbereich sind systemrelevant!

 

Es gibt also viel zu tun.

Der kommenden Regierung nach der Bundestagswahl 2021 stehen hohe Anforderungen und Herausforderungen gegenüber. Und so viele Maßnahmen sind für mehr Selbstbestimmtheit, Inklusion und gleichberechtigte Teilhabe  dringend umzusetzen. Wir wollen hier nur einige nennen, die sich inbesondere auf die Situation von Menschen mit psychischen Erkrankungen beziehen; die Liste wäre um ein Vielfaches zu ergänzen:

  • Unterstützung der Schulen, Beratungsstellen und weiteren Anlaufstellen durch mehr Schulpsycholog*innen und Sozialarbeiter*innen,
  • Gesundheitsförderungs- und Präventionsangebote flächendeckend ausbauen,
  • Flächendeckende bundesweite Anti-Stigma Kampagnen,
  • Gute und sektorenübergreifende psychotherapeutische Versorgung ohne lange Wartezeiten erreichen,
  • Komplexen Bedarfen von psychisch Erkrankten besser gerecht werden,
  • Adäquate Personalbemessung in psychiatrischen Kliniken und Finanzierung der Personalkosten,
  • Bedarfsgerechte ambulante und stationäre Versorgung von Kindern psychisch und suchtkranker Eltern,
  • Mehr Unterstützung und Angebote für Angehörige von Menschen mit psychischen Erkrankungen und/oder Behinderungen,
  • Mehr Versorgungs- und Beratungsangebote für traumatisierte Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund,
  • Verringerung von Ungleichheiten bspw. bei Gesundheits- und Bildungschancen bewirken,
  • Mehr Partizipationsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen, Barrierefreiheit auch im privaten Sektor, mehr digitale Teilhabe,
  • Konsequente menschenrechtsgeleitete Politik und die Einführung der Kinderrechte ins Grundgesetz,
  • Geschlechtergerechtigkeit vorantreiben

 

Wir Mutmachleute wollen Menschen Mut machen. Ganz genau jetzt! Gerade in diesen Zeiten!

Und wir machen Menschen Mut. Der immer noch vorherrschenden Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen und Betroffenen setzen wir mit Euch gemeinsam ein klares Zeichen entgegen. Und dies ist nur mit Euch möglich. Daher gilt unser großer Dank an alle Mutmacher*innen, die bei #Mutmachleute ihr Gesicht zeigen und ihre Geschichte erzählen, um so anderen Mut zu machen. Um so zu zeigen: Wir sind viele! Ich bin ein Mensch so wie Du!

 

Im Kleinen wie im Großen können wir so gute Dinge bewirken und verändern. Wir können unseren Nächsten zuhören, ihnen Mut zusprechen, uns mit ihnen austauschen, oder einfach nur da sein, wenn ein Mensch uns braucht. Das kann einen Tag, eine Woche – oder ein ganzes Leben retten. 

 

So viele Geschichten werden uns erzählt. So viele Menschen öffnen sich und zeigen bei uns Gesicht. Wir hören von so vielen Glücksmomenten, Schicksalen, wir dürfen traurigen und lustigen Erzählungen lauschen, die im Stillen bleiben, aber auch Erzählungen, die in die Welt gerufen werden. Wir sehen die Tränen, wir lesen den Schmerz, und

 

Wir hören den Mut, der am Ende immer siegt, der ruft:
Wir sind viele! Wir sind stark! Wir sind mutig! Wir sind laut! Wir sind hier!

 

Wir sehen und lesen uns wieder im September. Bis dahin: Bleibt mutig!

Tina Meffert