Gudrun. Depression & Angststörung: Ich habe es geschafft, gesund zu bleiben.

Angehörige: Gudrun Niebel
Jahrgang: 1966
Angehörige von: Werner Niebel (Angststörung, Depression)
Hilfsangebote: SHG Selbsthilfegruppe „Angst Panik Depression“, Gesprächskreis für Angehörige
Ressourcen: Familie, Freunde, Enkelkinder, Gymnastik, Spazierengehen, Garten

 

Wie hast du von der Störung deines Partners erfahren, und was war deine erste Reaktion?

Werner hat mir von seinen Selbsttötungsgedanken und Ängsten erzählt. Erschreckt hat mich das zu diesem Zeitpunkt nicht, weil ich selbst in einer Krise steckte, aus der ich keinen Ausweg sah. Wir haben viel geredet, haben zueinander gefunden und ich habe ihm gesagt, dass ich mit ihm zusammen 100 Jahre alt werden will.

 

Wieso möchtest du anderen Angehörigen Mut machen?

Weil für mich das Leben mit meinem Mann lebenswert ist, egal was kommt. Wir stützen uns gegenseitig. Ich sehe in ihm den Menschen, der mir gut tut, der für mich da ist, wenn es mir schlecht geht, bei dem ich so sein darf wie ich bin und umgekehrt. Ich schaue auf das, was geht, bin ein lösungsorientierter positiver Mensch.

 

Oft haben Angehörige mit schwierigen Reaktionen (Schamgefühl, Berührungsängste bis hin zu Schuldzuweisungen) des Umfelds zu tun. Was rätst du in diesen Situationen?

Miteinander reden ist das A und O. Sich mit der Krankheit auseinandersetzen, sich zu informieren. Ich habe mich von Menschen getrennt, die mich nicht verstehen, denen ich immer und immer wieder erklärt habe, warum es jetzt gerade so ist, wie es ist. Das kostet mich zu viel Energie, die ich für mich brauche, um durch anstrengende Situationen zu gehen.

 

Was hat dir am meisten geholfen, mit der Krankheit deiner Partnerin umzugehen? Welche Hilfsangebote für Angehörige nutzt du?

Am meisten hat mir die Selbsthilfegruppe geholfen. Ich bin regelmäßig zusammen mit meinem Mann dort hingegangen. Ich habe erfahren, wie fassettenreich eine Depression sein kann, dass es einen Unterschied zwischen etwas nicht wollen und etwas nicht können gibt. Für mich war das sehr hilfreich. 2016 sind Angehörige an mich herangetreten, um einen Gesprächskreis für Angehörige ins Leben zu rufen. Das habe ich getan und organisiere und moderiere nun Treffen für Angehörige. Dort fühle ich mich genauso aufgehoben und verstanden wie in Gesprächen mit Betroffenen.

 

Angehörige kostet es oft sehr viel Kraft, mit den Symptomen der Betroffenen umzugehen. Sie fühlen sich manchmal allein gelassen. Woraus schöpfst du neue Kraft für dich persönlich in Momenten, in denen du dich schwach fühlst?

Ich kann immer jemanden anrufen, wenn ich Redebedarf habe. Ich tue Dinge, die ich jetzt gerade in diesem Moment machen möchte. Das kann Spazierengehen sein oder renovieren. Ich bin gerne im Garten oder auch mit meinen Enkeln unterwegs.

 

Betroffene verschließen sich oft. Wie kannst du deinem Partner in schwierigen Situationen und Krisen helfen?

Einfach für ihn da sein, ihm zeigen, dass er nicht alleine ist. Das reicht schon.

 

Was wünschst du dir von deinem Partner?

Ich wünsche mir von meinem Mann, dass er lernt, seine Wünsche zu äußern, dass er mehr auf sich achtet und seine Schätze pflegt.

 

Was schätzt du am meisten an deinem Angehörigen? Was kannst du von ihm lernen?

An Werner schätze ich sehr, dass er zuhört und mich spiegelt. So kann ich lernen, aus einem anderen Blickwinkel auf Dinge zu schauen.
 
 
Die Selbsthilfegruppe Angst – Panik – Depression vertritt das Motto: Depression hat ein Gesicht. Reden wir darüber.
Weitere Informationen findet ihr auf der SHG Angst – Panik – Depression und auf Werners Weg.
 
Werners Betroffenenbeitrag findet ihr hier:
Depression & Angststörung: Bei allem was ich tue, vergesse ich die Liebe zu den Menschen nicht und höre auf mein Herz.