Emotional instabile Persönlichkeitsstörung – Typ Borderline & rezidivierende Depression: „Life is a challenge – Never give up“

Betroffene: Christiane
Jahrgang: 1980
Diagnose: Emotional instabile Persönlichkeitsstörung – Typ Borderline, Binge-Eating-Essstörung, rezidivierende Depression
Therapie: Tiefenpsychologische Therapie ambulant, Kognitive Verhaltenstherapie ambulant, DBT stationär und ambulant, Schematherapie stationär und ambulant
Ressourcen: Kreativität (malen, basteln, schreiben etc.), Sport (Tischtennis, joggen, Fitnessstudio, wandern), mein Hund, Ehrenamt bei einer Gemeinde, Freunde

 

Wie und wann hast du von deiner Erkrankung erfahren?

Von der wirklich richtigen Diagnose „Borderline“ habe ich erst 2015 während einer medizinischen Reha erfahren. Davor lautete die Diagnose „Rezidivierende Depressionen – mittelgradig bis schwer“. Ich fühlte mich oft unverstanden – nie wie eine klassisch depressive Patientin – und war lange in falscher Behandlung. Nach meinem heutigen Wissen bin ich allerdings schon seit meiner Pubertät erkrankt, denn 1999 hatte ich meinen ersten Suizidversuch.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Ich möchte zu einer Entstigmatisierung beitragen und über psychische Erkrankungen aufklären. Es herrscht immer noch eine große Unwissenheit. Betroffene haben meist einen langen Leidensweg, den sie oft auch noch allein bestreiten müssen, weil sich viele von ihnen abwenden. Psychisch erkrankt zu sein ist nichts anderes als körperlich krank zu sein, nur leider schämen sich viele Betroffene und in der Gesellschaft ist es immer noch ein Tabuthema. Es hat sich zwar in den letzten Jahren etwas getan und Depressionen und Burn-Out sind keine Fremdwörter mehr, aber alles was darüber hinausgeht (Essstörungen, Schizophrenie, Persönlichkeitsstörungen etc.) verunsichern oder machen sogar Angst.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld (und der Gesellschaft) in Bezug auf deine Erkrankung wünschen?

Die Reaktionen waren teilweise betroffen, dann wurde aber wieder relativ schnell zum Alltag übergegangen. Ignoriert oder nicht so ernst genommen wird es bis heute noch von vielen. Jede Erkrankung, die man nicht augenscheinlich sieht, hat es schwerer in Sachen Akzeptanz. Bei Borderline ist es besonders kompliziert, weil es da um das Verhalten des Betroffenen geht, vor allem in Bezug auf soziale Kontakte. Versucht man dann darüber zu reden und zu erklären warum man wie gehandelt hat, heißt es oft: „Das hat doch jeder mal“ oder „Du identifizierst dich nur noch mit deiner Krankheit“.

 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Ich habe viel über Borderline gelesen, weil ich es anfangs nicht wahrhaben wollte, aber desto mehr Infos und Beispiele ich über diese komplizierte und komplexe Erkrankung hatte, desto mehr musste ich mir eingestehen, dass es stimmt. Nach der Akzeptanz dauerte es noch lange bis ich darüber reden konnte. Seitdem ich mir zur Aufgabe gemacht habe, über psychische Erkrankungen aufzuklären und Vorurteile zu nehmen, klappt es gut mit der Akzeptanz. Ich halte mittlerweile Vorträge über Borderline und mache bei einem Schulprojekt zur Aufklärung und Prävention von psychischen Erkrankungen mit. Die ganze Arbeit gibt mir Kraft und einen Sinn. Das durchweg positive Feedback und der Respekt, der mir entgegengebracht wird, tun enorm gut.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Das Gelernte aus den Therapien (z.B. Skills, Selbstfürsorge, Achtsamkeit etc.), Sport, mein Hund, Freunde

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Sucht Euch Hilfe und redet darüber, versteckt Euch nicht! Ihr habt eine Krankheit und könnt nichts dafür. Ihr seid weder VersagerInnen, noch muss es Euch peinlich sein!
Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung sprechen: Ist die Situation noch so hoffnungslos und der Lebenswille nicht mehr da, es kann Euch geholfen werden! In dem Moment selbst glaubt man nicht daran, aber es wird besser. Wir psychisch Kranke müssen leider für alles etwas mehr kämpfen, aber es lohnt sich, denn diese Krisen, die wir durchlebt haben, machen uns langfristig stark. Wir haben eine andere Sicht auf die Dinge und konzentrieren uns auf das Wesentliche im Leben.

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Seid für die Betroffenen da, hört ihnen zu und verurteilt nicht. Behandelt Eure Angehörigen wie einen ganz „normalen“ Menschen. Ganz wichtig ist: redet mit den Betroffenen über Eure Sorgen, Ängste, Fragen etc. Informiert Euch über die Erkrankung. Es gibt Bücher, Selbsthilfegruppen, manchmal auch Vorträge und Veranstaltungen. Fürs Erste kann man sich Informationen auch aus dem Internet holen.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Ich bin offen und ehrlich, empathisch, lustig und kreativ.