Borderline, Dissoziative Identitätsstörung, Soziale Phobie, Depressionen: Du darfst sichtbar sein und Raum einnehmen.
Betroffener: Mika
Jahrgang: 2005
Diagnosen: Borderline, Dissoziative Identitätsstörung, Soziale Phobie, Depressionen
Therapien: aktuell tiefenfundierte Psychotherapie
Ressourcen: Freund*innen, zeichnen, schreiben, Menschen helfen
Wie und wann hast du von deiner Erkrankung erfahren?
Im Alter von 12 Jahren habe ich eine Therapie aufgrund depressiver Symptomatik begonnen und meine Depression wenig später, von einem Psychiater diagnostiziert bekommen, damit ich medikamentös eingestellt werden konnte.
Mit 13 war ich ein Jahr lang in der Klinik und bekam zusätzlich die Diagnosen soziale Phobie und Borderline.
Mit 17 stellte mein Therapeut, nach zwei Jahren Therapie die Diagnose der Dissoziativen Identitätsstörung, als Anteile anfingen zu vertrauen und sich zu zeigen.
Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?
Vorrangig um anderen Betroffenen zu zeigen, dass sie nicht allein sind und sich nicht schämen müssen.
Wissen deine Freund*innen/Schulkamerad*innen über deine Erkrankung Bescheid? Wenn ja, wie haben sie darauf reagiert und wie gehen sie damit um? Würdest du dir von ihnen einen anderen Umgang mit dir wünschen?
Die Menschen aus der Schule wussten, dass ich psychisch krank bin. Ab einem gewissen Zeitpunkt konnte ich es nicht mehr verstecken und irgendwann wollte ich es auch nicht mehr. Wenn jemand gefragt hat, habe ich ehrlich und transparent geantwortet.
Meine Freund*innen wissen über all meine Diagnosen Bescheid. Sie haben Verständnis und Empathie. Sie sind toll, aber ich habe lange gebraucht um Menschen auszusortieren, die mir nicht guttun oder bei denen ich (wir) nicht sein dürfen wie ich (wir) sind.
Wird an deiner Schule auf die Themen psychische Erkrankungen, Achtsamkeit, Stress, Suizidalität in einem Unterrichtsfach oder in einem gesonderten Kurs/AG darauf eingegangen? Würdest du dir da eine Veränderung und/oder mehr Aufklärung wünschen?
Es wurde meines Erachtens nach kaum thematisiert, am ehesten noch in Philosophie und Kunst. Allerdings hatten wir viele Ansprechpersonen und ein kompetentes, breit aufgestelltes Schulsozialarbeiterteam. Dies liegt wahrscheinlich auch daran, dass das Gymnasium Schwerpunktschule für Autismus war.
Mehr Aufklärung schadet jedoch nie.
Konntest du dich einer Lehrkraft anvertrauen?
Die Lehrkräfte wussten grob durch meine Nachteilsausgleiche Bescheid. Mit den meisten ging ich offen über meine Erkrankungen um. Manchen erzählte ich mehr, anderen weniger. Die allermeisten reagierten mit Empathie.
Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren? Welche Skills nutzt du in Krisensituationen?
Ich kann bis heute nicht mein Borderline akzeptieren, da zum Teil mit der Symptomatik noch große Schamgefühle und ein starker Selbsthass aufkommt. Die DIS leugne ich teilweise bis heute noch, da es mir zeitweise schwer fällt, das Trauma dahinter zu akzeptieren. Bei der Depression und der sozialen Phobie hat mir der „radikale Akzeptanz“ und Empathie mit mir selber geholfen.
Was möchtest du anderen betroffenen jungen Menschen mit auf den Weg geben?
Du hast Zeit! Nimm sie dir! Alle die brauchst.
Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?
Meine Emotionalität, Kreativität, mein Drang nach Ehrlichkeit und Authentizität. Am meisten schätze ich an mir meine Empathie anderen gegenüber.
Mika ist auf Instagram: @loudly.whispering