Depression: Ausgebrannt sein bedeutet nicht, dass da kein Feuer mehr zu finden ist.

Betroffene: Maria
Jahrgang: 1986
Diagnose: Erschöpfungsdepression, Burnout, Depression
Therapie: Schematherapie, Verhaltenstherapie
Ressourcen: Gesang, Malerei, Schreiberei, Atemmeditation

 

Wie und wann hast du von deiner Erkrankung erfahren?

Nach meinem Zusammenbruch während der Arbeit im März 2019 war ziemlich schnell klar, dass es sich um Erschöpfung handelt. Die genauere Diagnose „mittelgradige depressive Episode“ / „Erschöpfungsdepression“ habe ich im Juni während eines stationären Aufenthaltes in der Klinik erhalten

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Ich arbeite seit mehreren Jahren mit Menschen mit psychischen Erkrankungen und habe mich in dieser Zeit immer wieder für Entstigmatisierung und Aufklärung eingesetzt. Jetzt bin ich selbst Betroffene und erlebe viel Unverständnis bzw. Unwissenheit und Angst – das bestärkt mich darin, weiterhin Gesicht zu zeigen.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld (und der Gesellschaft) in Bezug auf deine Erkrankung wünschen?

Meine engsten Freunde haben versucht, mich so gut es geht zu unterstützen und zu verstehen. Vielen von ihnen ist das sehr schwer gefallen und der Kontakt wurde weniger. Es gab eine Freundin, die für mich in dieser Zeit und auch bis heute ein Anker ist und mich tatsächlich versteht, weil sie all das selbst schon in ähnlicher Form erlebt hat. Mein Arbeitgeber hat mir in dieser Zeit den „Rücken freigehalten“ und unterstützt mich, so gut es geht bis heute. Mein Mann konnte mit meiner Erschöpfung und dem „Totalausfall“ nicht umgehen und hat sich vor wenigen Monaten von mir getrennt.
Ich würde mir von der Gesellschaft wünschen, dass sie offen bleibt und die Angst verliert. Ich habe es beruflich und nun auch selbst erlebt, dass viele Menschen Berührungsängste mit dem Thema „psychisch krank“ haben, weil sie zu wenig über einzelne Erkrankungen wissen und Stigmata nach wie vor eine große Rolle spielen.

 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Meine Erkrankung hat mir von einem Tag auf den anderen den Boden unter den Füßen weggezogen und ich befand mich in einer Situation, aus der ich ohne meinen starken Willen und professionelle Unterstützung nicht mehr herausfinden konnte. Das alles hat mich diese Erkrankung sofort akzeptieren lassen (müssen).

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Die Mischung aus ambulanter Therapeutin, guter Freundin und Erlerntem aus der Klinikzeit ist in schwierigen Situationen am hilfreichsten.
Ich hätte in den letzten Monaten gern eine Selbsthilfegruppe zum Austausch genutzt – die gab es in unserem Landkreis nicht, also habe ich sie im August selbst gegründet.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Bleibt stark oder sucht nach eurer inneren Stärke. Sprecht über eure Gefühle und über das, was euch gut tut und das, was euch schadet oder krank macht. Bleibt bei euch selbst und achtet auf euch. Der Weg zum Gesundwerden ist steinig und dauert vielleicht auch länger, als angenommen. Ihr seid nicht allein!

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Bleibt verständnisvoll und haltet durch. Es wird schwierige Situationen geben, in denen ihr euch hilflos fühlt, weil ihr dem Betroffenen vermeintlich nicht helfen könnt. Seid füreinander da und gebt den anderen nicht auf. Sucht euch professionelle Unterstützung, wenn ihr nicht weiterkommt oder tauscht euch in Angehörigengruppen aus. Auch Angehörige müssen achtsam mit sich umgehen.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Ich würde mich selbst als sehr geradlinig und optimistisch bezeichnen. Ich schätze an mir, dass ich in den scheinbar ausweglosesten und schwierigsten Situationen einen Grund finde, aufzustehen und weiterzumachen. Ich finde das Leben viel zu spannend, um einfach aufzugeben oder hinzunehmen.