Depression, Mutmachleute

Depression: Ich fühlte mich so allein – und war es doch nie.

Betroffene: Dana Friede
Jahrgang: 1994
Diagnose: Depression
Therapie: kognitive Verhaltenstherapie
Ressourcen: Freunde, Schreiben, Musik hören, Spaziergänge machen

 

Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?

Ich hatte schon immer das Gefühl, irgendwie anders zu sein und nirgends so richtig hineinzupassen. Mein Selbstwert war nie besonders hoch und ich kenne spätestens seit meiner Pubertät immer mal wieder Phasen, in denen alles anstrengend erscheint, selbst die Dinge, die eigentlich Spaß machen. Melancholie und tiefe Traurigkeit begleiten mich phasenweise seit vielen Jahren. Im vergangenen Jahr kam zum ersten Mal eine wirkliche Leere dazu, kurz zuvor habe ich auch die Diagnose bekommen.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Ich habe nach etwa einem Jahr Therapie (als sich zeitgleich auch vieles andere jährte) beschlossen, für mich selbst einmal zurückzusehen. Ich habe dann festgestellt, dass das Gefühl, ich sei kein Stück vorangekommen, ein Trugschluss war. Das hat mich motiviert, mit diesem Fortschritt nach außen zu gehen, meine Texte zu veröffentlichen und anderen damit vielleicht zu helfen, sich weniger allein zu fühlen und nicht aufzugeben. Ich hätte vor einem Jahr selbst nicht gedacht, dass es mir jetzt so viel besser gehen könnte.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?

Es war wohl die schönste Erfahrung in dieser düsteren Zeit: Ich war nie allein, auch wenn es sich so oft so angefühlt hat. Mein Umfeld hat mich mit aller Kraft unterstützt, auch wenn es oftmals sicherlich nicht leicht war, mitanzusehen, wie schlecht es mir ging, und wie hart ich mit mir selbst in solchen Zeiten umgehe. Es sind noch immer alle bei mir, die es vor der Diagnose auch waren, dafür bin ich sehr dankbar.

 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Ich glaube, dass ich das Stadium der kompletten Akzeptanz noch nicht erreicht habe. Es gibt noch immer Tage, an denen ich mich selbst nicht verstehe und all das unfair finde. Ich habe aber auch gelernt, dass es vergeht und dass es eine andere Perspektive gibt als die, die meine Emotionen mir suggerieren. Ich kann seitdem gnädiger zu mir selbst sein und akzeptieren, dass diese Tage ein Stück weit dazugehören und es an mir liegt, welche Macht ich ihnen einräume.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Ich habe sehr viel geschrieben, meine Gedanken in sprachliche Bilder verpackt und über diese gebloggt. Ich konnte manchmal mit niemandem reden, nicht, weil niemand dagewesen wäre, sondern weil ich mich selbst als unzumutbar empfunden habe.
Oftmals waren es aber dann doch die persönlichen Gespräche mit engen Vertrauten, die mir geholfen haben.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Für mich war bedeutsam, dass meine Gefühle einerseits ernst genommen werden und mir niemand meine Stimmungen abspricht, ich aber auf der anderen Seite nicht damit argumentiere.

Ich darf mich minderwertig fühlen, das kann mir niemand verbieten und das Gefühl ist in diesem Moment da, trotzdem bin ich nicht minderwertig. Ich glaube, es ist wichtig, diesen Unterschied zu bemerken.

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Die größte Hilfe meiner Angehörigen war, dass sie authentisch interessiert waren und mir gezeigt haben, dass alle meine Gefühle so sein dürfen und ich mich nicht „anstelle“. Es ist eine Mischung aus Zuhören und Nachfragen einerseits, aber ablenken und sanft auf andere Gedanken bringen andererseits, da bedarf es ein bisschen Fingerspitzengefühl, das man aber vermutlich auch hat, wenn man sich gut kennt.

Sich selbst hilft man wahrscheinlich auch dadurch, dass man sich vom Betroffenen erlauben lässt, mit einer dritten Person zu sprechen. Außerdem sollte man die eigenen Grenzen kennen und achten, denn es hilft auch der betroffenen Person nicht, wenn es am Ende beiden zu viel ist.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Ich denke, dass meine Empathiefähigkeit mich auszeichnet, ich versuche eigentlich immer, mein Gegenüber zu verstehen und mich in seine Perspektive einzudenken. Am meisten schätze ich an mir meinen Humor.

Dana hat vor kurzem ein Buch mit ihren Texten herausgebracht und bloggt weiterhin regelmäßig auf drinnenistkrieg.