Depressionen & PTBS: Hilfe zur Selbsthilfe ist der Weg in die Eigenverantwortung – und nur die hilft am Ende wirklich.

Betroffene: Jana
Jahrgang: 1969
Diagnosen: Depressionen, PTBS
Therapie: stationärer und ambulanter Klinikaufenthalt, tiefenpsychologische Psychotherapie
Ressourcen: Schreiben, Garten, Handwerken

 

Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?

Ich saß bei einer Psychiaterin, nachdem ich tagelang auf dem Sessel gesessen hatte und nichts mehr konnte außer zitternd dasitzen. Sie sagte: „schwere Depression“. In der Klinik, in die ich daraufhin ging, diagnostierte man dann eine PTBS, die Jahre später „runtergradiert“ wurde zu einer Traumafolgestörung. Den Verdacht, dass ich sowas in die Richtung habe, hatte ich aber schon Jahre zuvor.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Weil es bei mir ausgeprägt chronifizierte Tendenzen gibt und ich keine große Lust habe, mich mein Lebtag verstecken zu müssen. Ich bin aber schon von Anbeginn an offen damit umgegangen. Scham meiner Erkrankung wegen kannte ich glücklicherweise nie.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?

Gar nicht? Normal? Keine Ahnung, es hat sich nichts verändert deswegen.

 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Auch das kann ich nicht festmachen. Ich glaube, ich akzeptierte es vom Tag der Diagnose an. Wie gesagt, ich war mir vorher darüber im Klaren, dass ich einen „an der Murmel“ habe. Das liegt in meinem Charakter, ich bin ein offener Mensch und empfinde Heimlichkeiten generell als nur anstrengend.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Das unbedingte Wissen darüber, dass ich es selbst in der Hand habe. Es hat lange gedauert, überhaupt so etwas wie Ressourcen entwickeln zu können. Als ich aber verstanden habe, dass es nur zwei Wege gibt, wenn man an Depressionen leidet, war das für mich als rationaler Mensch sehr einfach. Entweder die Depression hat mich im Griff oder ich sie. Mehr Optionen gibt es nicht.

Irgendwann habe ich die Entscheidung getroffen, nicht mehr leiden zu wollen.

Ich habe mir ein Tattoo stechen lassen, das mich immer an diese Entscheidung erinnert, und erstaunlicherweise hilft ein Blick auf das Tattoo ungemein.

Und das Schreiben hilft. Schreibend sortiere ich meine Gedanken. Oft sind die dann einfach raus aus dem Kopf, wenn ich sie aufgeschrieben habe.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Kommt raus aus eurer Komfortzone, die aus dem bekannten Leid besteht.

Nur, wenn ihr selbst es schafft, etwas zu ändern (in akuten Krisen ist das sauschwer, ja), kann sich auch für euch etwas ändern. Das Leben kann auch mit einer Depression schön sein und wird schöner, je mehr man aktiv genau daran arbeitet. Nehmt euch Auszeiten, bleibt mal drei Tage im Bett liegen, das ist okay. Aber dann steht wieder auf.

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir
(einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Schwierig. Ich kann nur von mir ausgehen und ich war einfach nicht greifbar. Ich habe wirklich alles negiert, jeden positiven Input von außen abgewehrt, jeden Hilfeversuch abgeschmettert. Ich denke, dass es als Angehöriger vor allem wichtig ist, auf sich selbst zu achten, wenn man nicht in eine Co-Erkrankung rutschen will. Da sein, zuhören, Hilfe geben, so sie angenommen wird, aber nicht darauf beharren. Und nochmal: Auf sich selbst achten; sich selbst gut tun.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Was ich schon erwähnte: Ich bin verkopft und konnte mich dadurch aus der Depression ziehen. Mein Kopf hilft mir oft. Im Umkehrschluss bin ich aber ebenso intuitiv. Ich scheine immer zu wissen, wann ich auf den Kopf, und wann auf den Bauch hören muss. Welche Eigenschaft schätze ich an mir? Da muss ich kurz nachdenken … ich glaube, meine offene Art. Wie ich auf Menschen zugehen und mit ihnen umgehen kann, was mir oft zugutekommt. Ich bin genrell gerne mal etwas zu vorlaut, aber besitze mehr als genug Empathie, mich immer richtig zu verhalten. Gerade habe ich eine Selbsthilfegruppe initiert. Auch ein Teil meines Charakters: Nicht reden, machen.

Jana leitet die Selbsthilfegruppe „Kopf hoch“.