Depressionen und Zwangsstörung: Ich bin dankbar für jeden neuen Tag und die Chance des Neuanfangs.

Betroffener: Luca Bischoni
Jahrgang: 2000
Diagnosen: wiederkehrende Depressionen, Zwangsstörung (primär Zwangsgedanken)
Therapien: Klinikaufenthalt, ambulante tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Psychoanalyse, Kunsttherapie
Ressourcen: Musik hören, Schreiben, Sport, Deeptalks

 

Wie und wann hast du von deiner Erkrankung erfahren?

Schon lange beschlich mich das Gefühl, dass ich irgendwie „anders“ bin. Das kannte ich schon aus meiner Kindheit und es war für mich „normal“.
Im Sommer 2020 erlitt ich im Rahmen einer persönlichen Krise einen emotionalen Zusammenbruch und mit den Monaten, die vergingen, kamen Diagnosen dazu. So habe ich von meiner Erkrankung erfahren, obwohl sie eigentlich schon immer Teil von mir war.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Im Herbst 2022 habe ich mein Buch mit dem Titel „Als man mir den Stecker zog“ auf den Markt gebracht und somit Flagge bekannt. Ich habe meine Erkrankung(en) öffentlich gemacht und mich auf den Weg begeben, zu mir und meinen Besonderheiten zu stehen.
Im Rahmen meiner Recherchen bin ich auf die #Mutmachleute aufmerksam geworden und dachte mir:

„Ey Luca, das ist eine nice Sache. Vielleicht kann da auch jemand aus deiner Geschichte lernen.“

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld (und der Gesellschaft) in Bezug auf deine Erkrankung wünschen?

Aufgrund der Erkrankung meines Großvaters, der unter schweren Depressionen litt, waren viele Teile meiner Familie bereits für das Thema mentale Gesundheit sensibilisiert. Allerdings war es natürlich für alle sehr hart zu sehen, wenn der geliebte Sohn, Bruder oder Freund plötzlich vor lauter Angst und Schwermut kaum noch sein Zimmer verlassen kann.
Im gesellschaftlichen Kontext würde ich mir wünschen, dass die Erkrankung als solche akzeptiert wird und verstanden wird, dass die Depression als „Pest der Neuzeit“ – wie ich sie gerne betitele uns allen sehr nah kommen kann.

Um dieser Krankheit die Stirn zu bieten, sind wir ALLE gefragt.

 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Die Akzeptanz fällt mir bis heute schwer. Nicht selten sehe ich mich aufgrund meiner unsichtbaren Hürden als „Mängelexemplar“ und verzögere damit meine eigene Genesung, da Selbstakzeptanz einer der wichtigsten Skills ist.
Trotzdem bin ich schon weit gekommen und habe mittlerweile für mich akzeptiert, dass ALLE Symptome als „gesunde Reaktion“ auf „ungesunde Umstände“ verstanden werden können.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Ich versuche vor allem präventiv und routiniert an mir zu arbeiten, um nicht so häufig in Krisen zu landen.
Wenn es doch so ist, dann versuche ich gut zu mir zu sein, auch wenn es mir schwerfällt. Ich gehe and die frische Luft, spiele mit unserem Hund und schreibe.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

„If you are going through hell – keep going” – Winston Churchill

Winston Churchill hat die Metapher des schwarzen Hundes maßgeblich geprägt und litt selbst unter einer bipolaren Störung. Dieses Zitat von ihm inspiriert mich immer weiterzumachen und Mr. Churchill ist ein Vorbild für mich, da er trotz seiner Erkrankung Bahnbrechendes geleistet hat.

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

ZUHÖREN.
So einfach, wie genial. Nicht mehr und nicht weniger. Seid für eure Freunde, Bekannten und Familienmitglieder da. Signalisiert, dass ihr sie stützt und sie liebt.

Aber bedenkt: „Ratschläge sind auch Schläge“

Der Mensch in der Krise sollte weiterhin seine eigenen Erfahrungen machen und auf seinen eigenen Füßen stehen. Supportet ihn dabei und zeigt ihm, dass er wichtig ist!

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Nun ja – ICH bin ICH.
Darauf bin ich sehr stolz, ich ziehe keine Maske mehr auf. Weder vor mir noch vor anderen Menschen.

„Take me as I am or watch me as I go”

Dafür habe ich wahnsinnig lange gebraucht und bin sehr froh, dass ich dies nun beherzigen kann. Darüber hinaus habe ich immer einen flotten Spruch auf den Lippen und Spaß haben kann man mit mir IMMER haben, egal wie dunkel die Wolken in meinem Inneren auch sind.
Darüber hinaus bin ich sehr empathisch und zielstrebig. Ich setze mich gerne für mich und Andere ein, auch wenn das häufig auch unangenehm ist.

 

Luca hat eine Homepage und ist bei Facebook und Instagram.