Depressionen: What doesn’t kill you makes you stronger.

Betroffene: Miriam Brütting

Jahrgang: 1997

Diagnose: Schwere Depression

Therapien: Gruppentherapie (Ressourcen-Gruppe); Tagesklinik

Ressourcen: Achtsamkeit, Freunde, Musik, „me-time“, Podcast hören

 

Wie und wann hast du von deiner Erkrankung erfahren?

Ich war von Februar 2022 bis November 2022 in einer nachklinischen Reha, die für Menschen mit einer Hirnschädigung (ich hatte Dezember 2019 einen Hirntumor) bestimmt war. Während dieser Zeit ging es mir nach und nach leider psychisch immer schlechter. Ich habe meine Symptome sehr oft meiner Neuropsychologin und ein paar anderen (mir vertrauten) Therapeuten erzählt. Leider wurden diese nie ernst genommen und ich verkroch mich immer mehr in mein Zimmer, wo ich sehr viel nachgedacht hab, sehr viel (innerlich) geweint habe und auch immer mehr die Lust an Dingen, die ich eigentlich gerne mache (wie z.B. Saxophon spielen) verloren. Auch hab ich mich im sozialen Umfeld, v. a. meinen Freunden gegenüber sehr zurückhaltend und teilweise abweisend verhalten. Als ich dann Anfang November (endlich) die Reha verlassen habe, hab ich vorab einen Termin in einer psychotherapeutischen Praxis zu einem Erstgespräch gehabt. Ich schilderte meine Situation und Symptome, bis der Therapeut das erste Mal das Wort „DEPRESSION“ erwähnte. Ich wurde sehr hellhörig und mir wurde bewusst, dass ich mir meine Gedanken und Gefühle nicht wirklich eingebildet habe. Der Therapeut konnte mir leider keinen Platz in seiner Praxis anbieten, da auch er sehr überfüllt und die Warteliste sehr lang war. Ich hatte zum Glück relativ zeitnah einen Termin in einer psychiatrischen Institutionsambulanz erhalten (wo ich auch vor der Reha bereits in Behandlung war) und auch hier schilderte ich dem Psychiater meine Symptome. Nun hatte ich die Diagnose (schwere) Depression schwarz auf weiß und hab nun seit Mitte November „Klarheit“ für mein Verhalten in den vergangenen Monaten.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Ich möchte auf dieses bisher noch, wenn auch nicht mehr ganz so stark, stigmatisierte Thema „psychische Krankheiten“ mehr aufmerksam machen und vor allem den Menschen da draußen, die ebenfalls solch eine Diagnose erhalten (haben), Mut machen und auch ein Zeichen setzen, dass sie NICHT ALLEINE sind!!

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld (und der Gesellschaft) in Bezug auf deine Erkrankung wünschen?

Meine (engste) Familie war, um ehrlich zu sein, nicht sonderlich überrascht, da ich schon seit Längerem mit meiner Psyche zu kämpfen hatte (auch nach meiner ganzen Tumor-Geschichte). Dementsprechend haben sie (relativ) viel Verständnis dafür gezeigt und mich gefragt, wie sie denn mit mir dies bzgl. umgehen sollen. Meinen engsten Freunden hab ich es dann nach und nach auch erzählt. Sie haben auch (Gott sei Dank) sehr verständnisvoll reagiert und mir gesagt, dass ich jederzeit auf sie zukommen kann und sie mir so gut es geht helfen wollen, wenn ich was (bestimmtes) brauche.

Ich würde mir für mein Umfeld und auch die Gesellschaft wünschen, dass man offen(er) über diese Krankheit(en) spricht und sich auch nicht dafür schämen muss/soll, wenn man sich (professionelle) Hilfe sucht!

 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Mich mit anderen auszutauschen, mich mehr mit dem Thema zu befassen/recherchieren und es zuzugeben, dass es anscheinend schon länger in mir drinsteckte.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Es zu akzeptieren, das Beste daraus zu machen und immer weiter zu machen, auch wenn es schwierig erscheint!

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

sich definitiv nicht zu schämen, dass man davon betroffen ist und auch mal den Mut haben, offen(er) damit umzugehen, darüber zu reden und es absolut NICHT schlimm ist, wenn man sich (professionelle) Hilfe holt!!

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Verständnis zeigen (auch wenn man sich einfach mal zurückzieht und seine Ruhe haben möchte), ein offenes Ohr für den Betroffenen zu haben und sich auch selbst schützen bzw. im schlimmsten Fall sich selbst Hilfe zu holen

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Mein Charakter würde ich sagen ist vielfältig: Ich bin eine ziemlich abenteuerliche Person, die es liebt, neues (an sich) zu entdecken; offen; empathisch; lustig; tollpatschig und ambivertiert ist. Ich schätze v. a. die Eigenschaften MUT, STÄRKE und DURCHHALTEVERMÖGEN am meisten an mir, da ich schon vieles durchlebt habe und trotz allem nie aufgegeben hab und immer wieder aufgestanden bin!