PTBS, Mutmachleute

PTBS: Am Ende wird alles gut. Und wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende.

Betroffene: Aileen Keppler
Jahrgang: 1981
Diagnose: PTBS
Ressourcen: Wissen, Kreativität, Schreiben, Musik, Inspiratoren

 

Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?

Ich habe mir 2002 im Alter von 21 Jahren das erste Mal professionelle Hilfe gesucht. Nach diversen Diagnosen wie z.B. Depressionen und Persönlichkeitsstörungen, dauerte es bis 2008, bis die Posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert wurde. Die belastenden Erinnerungen kamen damals im Rahmen einer stationären Therapie hoch.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Bereits 2015 habe ich mich mit einem persönlichen Blog in die Öffentlichkeit „gewagt“ zuerst sehr anonym und ab 2017 dann etwas persönlicher. 2018 habe ich eine neue Website ins Leben gerufen, um anderen Menschen mit PTBS Mut und Hoffnung zu spenden. Es hat sehr lange gedauert, bis ich meine Vergangenheit und Krankheit akzeptiert habe und mich nach außen geöffnet habe. Aber immer, wenn ich solche offenen Schritte gegangen bin, veränderte sich alles meist sehr zum Positiven.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?

Die meisten Menschen in meinem Umfeld reagieren zwar verständnisvoll, können die Symptome, unter denen ich noch immer gelegentlich leide, aber nicht nachvollziehen. Man bekommt subjektiv den Eindruck vermittelt, dass man sich nur zusammenreißen braucht, dann geht das schon. Die Tragweite der Verletzungen, die ich in sehr, sehr jungen Jahren erlitten hatte, sind schwer vorstellbar für Außenstehende.

 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Am meisten geholfen hat es mir, endlich auf meine innere Stimme und meinen Körper zu hören. Die Suggestionen von außen, dass doch alles in Ordnung sei, stimmten nun mal nicht – und das wusste ein Teil in mir sehr genau. Als es anfing, dass man mir glaubte und mir zuhörte, ging es endlich bergauf. Zudem hat es mir geholfen, mich selbst über die Themen PTBS und Trauma zu informieren. Ich habe viele Fachbücher gelesen um zu begreifen, dass meine Probleme im Endeffekt ganz normale Reaktionen auf die unnormalen Situationen der Kindheit waren. Ich wurde dadurch etwas sanftmütiger mit mir selbst.
Um die traumatischen Inhalte zu verarbeiten, hat mir die EMDR Methode sehr gut geholfen.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Eine Ressource ist meine Kreativität. Jahrelang hatte ich mir die selbst „abgeschworen“, doch als ich wieder anfing zu schreiben und den Blog aufgebaut habe, kam sie wieder zum Vorschein.

Ansonsten hilft das Vertrauen, dass nach schlechten Tagen auch wieder gute folgen werden. Manche Phasen muss man einfach nur aushalten.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Man sollte anfangen, auf sich, statt auf andere Menschen zu hören. Die eigene innere Stimme zu hören, ist nicht leicht, wenn man sich nur im „Außen“ befindet. Meistens weiß der eigene Körper sehr genau, was gut für einen ist und was nicht.

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Angehörige sollten vor allem auf sich selbst achten. Nur wer mit sich selbst im Reinen ist, kann auch für andere einen Halt darstellen. Gehen Angehörige zu sehr über ihre eigenen Grenzen hinweg, hilft es irgendwann keinem von beidem mehr weiter.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Ich bin ein sehr ehrlicher und verlässlicher Mensch. Das half mir auch in der Therapie immer weiter. Man muss da ehrlich zu sich selbst sein, sonst bringt einem die Therapie nichts. Wenn ich jemanden mein Wort gebe, dann halte ich es auch.

Aileen schreibt in ihrem Blog missbrauch-verarbeiten und trauma-anker.
 
Anmerkung: Die EMDR Methode (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) ist eine Psychotherapieform zur Behandlung von Traumafolgestörungen, deren Wirksamkeit durch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt ist.