Depression: Ich bin ein selbstbestimmter Mensch und werde nicht nur auf meine Krankheit reduziert.

Betroffene: Frauke Gonsior
Jahrgang: 1983
Diagnosen: Mittelschwere bis schwere Depression
Therapien: tiefenpsychologische Psychotherapie, Verhaltenstherapie
Ressourcen: mein Hund Mina, mein Freund, meine Freunde und meine Familie, bloggen, lesen, fotografieren, wandern, Fahrrad und Mountainbike fahren, Yoga, Workouts

Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?

2013 bekam ich die Diagnose „mittelschwere bis schwere Depression“. Damals steckte ich in meinem ersten und dann sofort richtig tiefen Tief fest. Mein Hausarzt stellte mir die Diagnose, als ich völlig fertig und mit Suizidgedanken vor ihm saß.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Ich bin einer von vielen Menschen, der Depressionen hat. Trotzdem sind psychische Krankheiten immer noch ein Tabuthema. Indem ich in Worte fasse, wie mein Alltag mit Depressionen aussieht, kann ich dabei helfen, das Thema zu entstigmatisieren. Außenstehende erhalten so einen Einblick in ein für nichtbetroffene Menschen schwer nachvollziehbares Krankheitsbild. Anderen an Depressionen erkrankten Menschen kann ich helfen, weil sie sehen, dass sie mit ihrer Krankheit nicht alleine sind und, dass es machbar ist, ein großes Tief zu überwinden. Selbst die kleineren und mittelgroßen Tiefs waren ein Teil meines Weges. Außerdem hilft mir das Sprechen und Schreiben über meine Krankheit, sie besser zu verstehen, mich und die krankheitsfördernden Verhaltensweisen zu erkennen und zu hinterfragen. Durch das Schreiben kann ich außerdem sehr gut festhalten, welche Fortschritte ich bisher gemacht habe.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?

Die meisten mir nahestehenden Menschen haben sehr verständnisvoll reagiert. Es kamen natürlich einige Fragen zu der Depression: wie sie sich anfühlt, wo sie herkommt, was ich dagegen tue, was sie tun können, um mir zu helfen. In all der Zeit habe ich viel Unterstützung und nur wenig Ablehnung in Bezug auf meine Depression erlebt. Doch egal, wie sehr mir meine Mitmenschen helfen wollten, sie haben mir immer die Wahl gelassen, ob ich diese Hilfe annehmen möchte. So war ich weiterhin ein selbstbestimmter Mensch und wurde nicht nur auf meine Krankheit reduziert.

Ich bin ein selbstbestimmter Mensch und werde nicht auf meine Krankheit reduziert.

 

Welche Dinge haben Dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Nachdem ich die Diagnose bekam, habe ich mich im Internet und in Büchern über die Krankheit informiert. Schnell wurde mir klar, dass ich etliche Symptome schon seit einiger Zeit habe. Mir hat es geholfen, dass ich begriffen habe, dass es Schritt für Schritt vorwärts geht. Auch wenn ich mal Rückschritte mache, so ist die Akzeptanz der richtige Weg und nicht das unbedingte Loswerdenwollen der Depression. Denn so kann ich meine Energien auf meinen Heilungsprozess lenken und nicht für sinnloses Verdrängen verschwenden (so wie ich es zeitweise getan hatte).

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Mein Hund Mina ist mir eine sehr große Hilfe. Sie ist an meiner Seite, egal, wie es mir geht. Außerdem gehe ich viel in die reizarme Natur. Dort kann ich sehr gut zu mir finden, wenn ich mich im hektischen und überfüllten Alltag mal wieder aus den Augen verloren habe. Lesen, Yoga und Workouts helfen mir, meine Gedanken zur Ruhe zu bringen. Mein Freund unterstützt mich dadurch, dass er meine Krankheit akzeptiert.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Es geht immer weiter. Gebt nicht auf! Geht euren Weg, Schritt für Schritt, und überfordert euch nicht.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Ich habe eine enorm hohe Selbstmotivation und bin sehr empathisch. Beides kann mich überfordern, wenn ich es zulasse, und beides sind sehr große Stärken von mir.