Jugend in der Krise: Zur psychotherapeutischen Versorgungssituation im Landkreis Starnberg

Zur Versorgungslage von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen in Starnberg

 

Ein Aufruf und Vorschläge des Mutmachleute e.V. zur Verbesserung der Situation für junge Menschen und ihre Eltern

 

Die Pandemie und die damit verbundenen Maßnahmen haben vor allem junge Menschen stark betroffen. Zahlreiche Studien belegen eine massive Verschlechterung der psychischen Gesundheit junger Menschen.

Wir wollen mehr als hoffen, dass auf den Versorgungsbedarf von Kinder und Jugendlichen auch auf regionaler Ebene angemessen eingegangen wird, denn deren psychische Gesundheit hat in der Pandemie besonders gelitten.

Aber auch unabhängig von Corona – Wir stehen hier vor zentralen Fragen:

  • Wie steht es um die psychische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen?
  • Wie hat sich die Lage in der letzten Zeit verändert?
  • Wie können wir die psychische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen im Landkreis künftig stärken? Mit welchen Mitteln und Ressourcen?
  • Um sich diesen komplexen Herausforderungen zu stellen, müssen sich die Akteur*innen vernetzen, Kompetenzen bündeln und zusammenarbeiten. Aber wie?


Fakt ist, dass der Bedarf die Angebote übersteigt – sowohl stationär als auch ambulant.

  • Die meisten Praxen nehmen Kinder und Jugendliche noch nicht mal mehr auf die Wartelisten. Dies bestätigten mir die kontaktierten Psychotherapeut*innen (November/Dezember 2021).
  • Oftmals wird auf diverse Apps zur Überbrückung verwiesen.
  • Tagesklinikplätze sind nicht ausreichend, vorhandene sind im Alltag der Kinder und Jugendlichen manchmal auch nicht abbildbar.
  • Viele Schulpsycholog*innen sind ausgebucht und können auch keine ambulante Therapie ersetzen.
  • Lehrer*innen berichten von schweren Fällen in ihren Klassen und sind oftmals überfordert.

 

Wartezeiten für einen Behandlungsplatz

  • Nach Angaben der KVB ist die Wartezeit auf einen Therapieplatz keine erhobene statistische Einheit und kann somit nicht beziffert werden.
  • Auch Wartezeiten für die stationäre kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung werden statistisch nicht erfasst.


Realität: Die Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz können Wochen bis Monate betragen.

(Schwer) psychisch kranke Kinder und Jugendliche brauchen ein intensiv-ambulantes Versorgungsangebot. Aber nicht erst in ein paar Monaten. Sondern sofort.

 

Wir brauchen …

  • eine aktuelle und umfassende Bestandsaufnahme zur Situation von jungen Menschen mit psychischen Erkrankungen und eine Übersicht zur Versorgungslandschaft im Landkreis, um hier langfristige und effektive Strukturen zur Verbesserung im Hilfesystem zu schaffen.
  • Dazu müssen wir uns um belastbare Daten und angemessene, differenzierte Auswertungen bemühen.
  • Eine umfassende Bestandsaufnahme zur Situation von jungen Menschen mit psychischen Erkrankungen im Landkreis ist unbedingt erforderlich!

 

Vorschläge des Mutmachleute e.V. für ein Vernetzungsprojekt im Landkreis – mit Bitte um Einbringung auf kommunalpolitische Ebene:

 

Eine gute Versorgungsstruktur braucht auch eine Verzahnung bestehender Angebote der kommunalen und psychiatrisch-psychotherapeutischen Hilfesysteme. Die Ausweitung der Behandlungs-Kapazitäten dringend!

 

  • Einrichtung einer Taskforce für psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen für den Landkreis: mit Vertreter*innen der stationären und ambulanten Psychiatrie und Psychotherapie, psychologischen Beratungsstellen, Jugendhilfe, Jugendsozialarbeit, Suchtberatungsstellen
  • Etablierung einer Landkreis bezogenen Koordinierungsstelle zur Vermittlung von freien Psychotherapieplätzen bei niedergelassenen Psychotherapeut*innen, Tagesklinikplätzen und (teil)stationären Angeboten; Idee: Psychotherapeut*innen werden gebeten, ihre Kapazitäten anzugeben sowie Verfügbarkeiten, Behandlungsmethoden in regelmäßig aktualisierter Form  (Aufbau einer Datenbank und Applikation auf der Seite des LRA)
  • Zentrale psychotherapeutische Erstinterventionsanlaufstelle: Angebote schaffen zur Überbrückung der Wartezeiten auf einen Ersttermin und/oder ambulanten Therapieplatz, auch in digitaler Form (Videosprechstunden) > zeitliche und personelle Ressourcen aufbauen (Schulpsycholog*innen, Beraterteams, Sozialarbeiter*innen, School Nurses)
  • Initiierung einer Informationskampagne, die an die Schulen im Landkreis geht und zum Thema Mental Health a) aufklärt b) den Schüler*innen ebenso wie den Lehrkräften Ideen, Angebote und an wen sie sich wenden können – Ausbau der Informationsangebote zu vor Ort und/oder online verfügbaren Unterstützungs- bzw. Fördermaßnahmen
  • Aufbereitung von Informationen in Printformen zur Verteilung an Schulen (direkter Weg zu den Empfänger*innen), Schulpsycholog*innen, Lehrer*innen, Arztpraxen, Erziehungs- und Beratungsstellen etc. sowie Schaffung einer zentralen Plattform für den Lkr
  • Etablierung von Lotsenprojekten, die Zugänge zu Hilfesystemen erleichtern und junge Menschen sowie ihre Familien entlasten, auch für Kinder psychisch kranker Kinder; Lots*innen vermitteln und helfen bei der Suche nach Beratungsstellen und Übergangslösungen; z.B. auch ExIns, Genesungsbegleiter*innen

 

Wir fordern außerdem:

 

Initierung eines Präventionsprogramms mit Workshops „PSYCHISCHE GESUNDHEIT FÜR SCHÜLER*INNEN“ in den Schulen des Landkreises – zwei Zielgruppen:

  • Differenzierte Wissensvermittlung über psychische Belastungen und Suizidalität bei Jugendlichen, Ursachen von Stress, psychischen Problemen und Suizidalität
  • über professionelle (regionale) Hilfsangebote aufklären und Barrieren in der Versorgung überwinden helfen
  • erkennen, dass jemand Hilfe benötigt und wie man reagieren kann, wenn eine Person Zeichen psychischer Belastung zeigt; hilfreiche, nicht schädigende Umgangsformen mit Belastungssituationen erarbeiten
  • Das Programm für Lehrer*innen, Sozialarbeiter*innen soll pädagogisch Handelnde darin bestärken, Schüler*innen fachgerecht und menschlich zu unterstützen und informiert über Suizidalität, Risikofaktoren und Warnzeichen bei Jugendlichen, gesetzliche Bestimmungen, Hilfsmöglichkeiten, Gesprächstechniken und zur Erstellung eines Handlungsleitfadens

 

Wir stützen uns auf die  Handlungsempfehlung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (2021):
  • Ausbau multidisziplinärer Schulsozialarbeit und schnellere Kassenzulassung für Psychotherapien
  • Ausbau der Schulsozialarbeit, vermehrte Anstellung von Schulpsycholog*innen
  • Stärkung des ambulanten und stationären Sektors, mehr Therapieplätze
  • Mehr psychosoziale Beratungsstellen
  • Therapeut*innen ohne Kassensitz eine Möglichkeit der Kassenabrechnung bieten und mehr Kassenzulassungen ermöglichen. Damit könnten Wartezeiten für psychotherapeutische Behandlungen verkürzt werden,
  • damit wären diese nicht mehr an die Möglichkeiten einzelner Familien gekoppelt, sich Sitzungen von Therapeut*innen ohne Kassensitz leisten zu können

 

Vorgestellt im SPG im Landratsamt Starnberg, April 2022

Tina Meffert

 

Weiterführende Links:

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https://www.dak.de/dak/download/report-2519092.pdf

https://www.bptk.de/wp-content/uploads/2021/12/BPtK-NL_4-2021_Corona-Pandemie-Psychische-Folgen-fuer-Kinder-und-Jugendliche.pdf

https://uni-tuebingen.de/universitaet/aktuelles-und-publikationen/pressemitteilungen/newsfullview-pressemitteilungen/article/wie-kinder-und-jugendliche-unter-der-pandemie-leiden/

https://www.bptk.de/wp-content/uploads/2021/04/2021-03-30_BPtK_STN_KabE-GVWG.pdf

https://www.barmer.de/politik/meldungen/2021-meldungen/arztreport-2021-283892

https://www.bptk.de/wp-content/uploads/2021/04/20210412_pm_bptk_GVWG_Komplexversorgung.pdf

https://www.barmer.de/blob/309340/043d9a7bf773a8810548d18dec661895/data/barmer-arztreport-2021-band-27-bifg.pdf

https://www.barmer.de/blob/361060/e88252e3a7e3ffcd7dab565f317ec2f1/data/barmer-arztreport-2021—pressemappe.pdf

https://www.gbe-bund.de/pdf/johm_2018_03_kiggs_welle2_gesundheitliche_lage_d.pdf

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https://www.g-ba.de/downloads/34-215-1029/10_2022-03-03_KSVPsych_Kinder_UA-neuer-Name.pdf

https://www.zi-mannheim.de/institut/news-detail/jugendliche-waehrend-des-corona-shutdowns-38-prozent-zeigen-mittlere-bis-schwere-psychische-belastun.html

https://www.g-ba.de/presse/pressemitteilungen-meldungen/1029/

https://psyarxiv.com/v64hf/

https://www.dgppn.de/schwerpunkte/versorgung.html

https://www.dgkjp.de/wp-content/uploads/Impuls-Aufnahme-KipkE-in-KoV-final.pdf

https://link.springer.com/epdf/10.1007/s00103-019-03006-9?shared_access_token=Os7239aM2Eeq6NDKmiQXzve4RwlQNchNByi7wbcMAY6iynY-FXMvRMjraObnS3FunrBjxaAHaDUr4Vq_9kZT_gpbvocF64kjKhM4tE-ZygTwluOYvyo7l9Hc6SnwjfLZZfNnfzV-GgLSOuaWqeRmQQ%3D%3D

https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/FactSheets/JoHM_03_2018_Psychische_Auffaelligkeiten_KiGGS-Welle2.pdf?__blob=publicationFile

https://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/2021_Corona_Kinder_und_Jugendliche.pdf

https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Basisdrucksachen/0000006000/0000006394.pdf

https://www1.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen/18_0017771.pdf

https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen/18_0015985.pdf

https://www1.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen/18_0014926.pdf

https://www.schwaebische-post.de/ratgeber/gesundheit/erste-hilfe-bei-depression-angststoerung-therapieplaetze-mangelware-tipps-angebote-zr-91234307.html

https://public.tableau.com/app/profile/robert.koch.institut/viz/Gesundheit_in_Deutschland_aktuell/GEDA_20192020-EHIS

https://www.uke.de/kliniken-institute/kliniken/kinder-und-jugendpsychiatrie-psychotherapie-und-psychosomatik/forschung/arbeitsgruppen/child-public-health/forschung/copsy-studie.html

file:///Users/christinaslaptop/Downloads/copsy_referenzliste_20211021.pdf

https://www.stmgp.bayern.de/wp-content/uploads/2022/01/bayerischer-psychatriebericht-2021.pdf