Psychosen: Ich bin die, die ich bin – und das ist gut so!
Betroffene: Verena
Jahrgang: 1975
Diagnosen: Psychosen
Therapien: Kunsttherapie, Ergotherapie, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Ressourcen: Tanzen, Kunst, Schreiben, Seelengesang, viel in der Natur sein, Freunde, EX-IN Ausbildung und Begleitung
Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?
1999 durch einen richterlichen Beschluss in der Psychiatrie: Dort las ich plötzlich schwarz auf weiß „schizoaffektive Psychose“. Es folgten noch einige Diagnosen. Keine sagte aus: „Verena ist ein wertvoller Mensch“.
Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?
Weil ich zeigen möchte, dass es Menschen wie mich gibt, die trotz verheerender Diagnosen liebenswerte und tolle Menschen sind. Dass man auch nach großen Krisen wieder ein glückliches Leben führen kann. Und ich möchte auf diesem Wege mit meinem ersten Buch „Die Welt mit meinen Augen“ an die Öffentlichkeit gehen, in dem ich über meine Erfahrungen mit Psychosen und Psychiatrie schreibe. Es enthält außerdem einiges an Inspiration in Form von Texten und Gedichten und macht viel Mut, niemals aufzugeben!
Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?
Mein Umfeld hat erst einmal völlig verunsichert und geschockt reagiert. Verständlich! In meinem Freundeskreis hat sich durch die Diagnose deutlich die Spreu vom Weizen getrennt. Das hat dazu geführt, dass heute wirklich nur noch Freunde an meiner Seite sind, die mit mir durch dick und dünn gehen. Mein Mann und meine Familie sind meine Felsen in der Brandung und stehen voll hinter mir. Was ich mir von meinem Umfeld wünsche, ist, nicht auf die Diagnose reduziert zu werden, sondern in meinen Stärken wahrgenommen zu werden. Das ist glücklicherweise eh schon der Fall.
Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?
Ich konzentriere mich mehr auf meine gesunden Anteile, anstatt die Krankheit ständig zum Thema zu machen. Jedes weitere Jahr ohne Psychose ist für mich ein kleiner Sieg und ich tue viel für meine innere Stabilität. Gleichzeitig ist mir bewusst, was für ein Schatz in der Erkrankung verborgen liegt. Die EX-IN Genesungsbegleiter-Ausbildung war hier auch ein wichtiger Meilenstein für mich. Ich habe sie 2016 in München erfolgreich abgeschlossen und danach ein Jahr lang in einer Tagesstätte für Menschen mit seelischen Erkrankungen gearbeitet.
Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?
Ich gehe möglichst viel in die Natur, male, singe und schreibe viel. Musik ist Balsam für meine Seele. Und Gespräche mit Freunden helfen mir auch sehr.
Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?
Glaubt an euch! Selbst wenn ihr (wie ich) eine „lebenslängliche“ Diagnose erhalten habt – es geht immer wieder aufwärts. Gebt euch Zeit, wieder zu heilen und überfordert euch nicht. Tut euch so viel Gutes wie möglich. Und gebt niemals auf!
Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?
Hört auf die Bedürfnisse des Betroffenen, steht zu ihm und stempelt ihn nicht einfach zu einem psychisch kranken Menschen ab. Ihr wisst nicht, was er durch seinen Weg der Welt zu schenken vermag.
Für euch selbst solltet ihr darauf schauen, Aussagen des Erkrankten nicht zu persönlich zu nehmen. Bitte! Und vernetzt euch mit anderen Angehörigen, ich glaube, das hilft ungemein! Ach ja, es gibt ja auch die Psychose-Seminare in ganz Deutschland – sehr empfehlenswert: www.trialog-psychoseseminar.de
Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?
Ich habe ein liebendes und dankbares Herz, bin sehr zuverlässig und überraschend strukturiert. Am meisten schätze ich dabei an mir, dass ich trotz allem Leiden in der Psychiatrie meinen guten Humor behalten habe. Yes!
Mehr über Verena und das Buch erfahrt Ihr auf Verenas Homepage.