Borderline: Es ist nur eine Phase.

Betroffene: AnKo
Jahrgang: 1980
Diagnosen: Emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ, Depression, Essstörung
Therapien: Verhaltenstherapie, Medikamente
Ressourcen: Natur, Tiere, Musik, Nadelfilzen

 

Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?

2003 – nachdem ich mir professionelle Hilfe gesucht habe.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Ich hatte nur zwei Möglichkeiten: entweder ich falle ganz oder ich halte mich an dem Seil fest und ziehe mich wieder nach oben. Ich habe mich für das Seil entschieden, denn irgendwas tief in mir hatte Angst vor dem Fall ins Nichts.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?

Es gab die unterschiedlichsten Reaktionen. Von Unverständnis über Hilflosigkeit bis hin zu Erleichterung, weil meinem Umfeld dadurch klarer wurde, warum ich so bin, wie ich bin. Ich hätte mir durchaus mehr Rücksicht und weniger Druck gewünscht. Mein engster Kreis hat aber sehr gut reagiert und mich unterstützt, worüber ich unglaublich dankbar bin.

 

Welche Dinge haben Dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

An erster Stelle steht da mein Mann, den ich 2016 geheiratet habe. Er stand die ganze Zeit hinter mir und hat alles gemeinsam mit mir durchgestanden. Ebenfalls meine Eltern. Eine meiner derzeitigen Kolleginnen ist auch immer für mich da. Es tut so gut und ist so wichtig, solche Menschen um sich zu haben. Sie sind der Grund, weiterzumachen. Außerdem tut es mir sehr gut in der Natur zu sein, dort kann ich meinen Akku wieder aufladen. Tiere geben mir sehr viel, denn sie fragen nicht! Ganz wichtig ist auch die Musik, sie bewirkt so viel bei mir, erreicht mich und berührt mich zutiefst.
Zudem habe ich mir sehr viel Fachliteratur zugelegt und Blogs Betroffener gelesen. Im Allgemeinen ist der Kontakt zu anderen Betroffenen für mich sehr wichtig, denn sie zeigen mir, dass ich nicht alleine bin. Wir sind so viele! Ganz aktuell habe ich das Nadelfilzen für mich entdeckt. Meine Hände sind beschäftigt, ich muss mich konzentrieren, dass
ich mich nicht mit der Nadel steche, das Gedankenkarussell hält in dieser Zeit an. Es ist eine gute Achtsamkeitsübung und das Endprodukt kann sich auch meistens sehen lassen. Es ist sehr dekorativ, außerdem hat man immer ein selbstgemachtes Geschenk.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

In einer Krise ist es für mich besonders wichtig, dass ich mich für einen Moment rausnehmen und mich auf mich konzentrieren kann, rausgehen aus der reizüberfluteten Welt. Ich gehe dann in die Natur, höre Musik oder kümmere mich um mein Hobby, die Schnecken (Achatina fulica). Natürlich sollte dieser „Moment“ nicht zu lange andauern, weil die Isolation nicht unbedingt förderlich ist.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Der erste und wichtigste Schritt ist, sich professionelle Hilfe zu holen und sich darauf einzulassen. Die Krankheit zu akzeptieren und nicht dagegen anzukämpfen. Leicht gesagt, ich musste das auch erst schmerzhaft erlernen und der Kampf hat mich viel Zeit gekostet.

Egal, wie schlecht es dir auch gehen mag im Moment, es ist nur eine Phase.

Es geht weiter, auch wenn du derzeit nicht daran glauben kannst und am liebsten nur noch schlafen möchtest. Eines Morgens wachst du auf und bist gestärkter denn je und machst weiter. Es gibt immer ein Licht am Ende des Tunnels. Du darfst auch mal schwach sein für eine gewisse Zeit, solange du letztendlich gestärkt wieder aufstehst, um weiterzumachen. Du bist einzigartig und ein wichtiger Teil des Ganzen.

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Seid da, bleibt da! Gebt aber auch auf euch selbst acht und überschreitet eure eigenen Grenzen nicht. Wichtig ist Verständnis. Hört zu, aber setzt die betroffene Person nicht unter Druck.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Ich bin ein sehr ruhiger emphatischer Mensch. Ich kann gut zuhören und helfe gerne, wo ich kann.