Polymorph-psychotische Episode: Immer erst einmal informieren
Betroffene: Claudia
Jahrgang: 1980
Diagnosen: Polymorph-psychotische Episode
Therapien: Stationäre Krankenhausaufenthalte, Verhaltenstherapie
Ressourcen: Glaube, Familie, Ehemann, Freunde, Kreativität (Basteln und Blog schreiben), Hoffnung
Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?
Ich ging vor acht Jahren auf Drängen von Eltern und Freunden in die Notaufnahme des nächstgelegenen Krankenhauses. Dort gab man mir Medikamente und ich wurde auf die geschlossene Station gebracht. Man eröffnete mir meine Diagnose auf dieser Station.
Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?
Ich schreibe schon länger einen Blog, der sich mit meinen zurückliegenden Krisen beschäftigt, mit meinem Glauben als Ressource, aber auch mit dem Thema Medikamente, Schwangerschaft trotz Krise, etc. Daher zeige ich schon länger Gesicht. Wichtig ist, nicht aufzugeben und das möchte ich hier weitergeben.
Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?
Einige haben geheult, haben sich gefragt, ob ich wieder „normal“ werde, andere waren recht interessiert und haben sich informiert, wieder andere haben mich im Krankenhaus besucht, damit ich nicht so allein bin. Da das ganze nur eine Episode war, hat man mir später auch keine Verhaltensveränderungen oder eine Art Psychose angesehen. Menschen fällt es schwer die Selbstbestimmung des Betroffenen zu wahren. Hier besteht noch Verbesserungsbedarf. Welche Behandlung wünscht der Betroffene, welche Rolle können Angehörige dabei spielen, welche Optionen hat er? Gibt es die Möglichkeit sich von der Behandlung ausschließlich mit Medikamenten zu lösen? Gibt es auch das Angebot einer Gesprächstherapie für Psychose-Erkrankte? Welche Ängste haben Betroffene und welche haben Angehörige? Bisher wurde zu alternativlos bei dieser Diagnose behandelt. Daher wünsche ich mir, dass man offener über Psychosen spricht.
Welche Dinge haben Dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?
Am meisten hat es mir geholfen, mich zu informieren und mir aufgrund dieser Informationen klar zu machen, dass es eine Krise war, die zwar wieder auftreten kann, es aber keine dauerhafte Krankheit ist. Dass man sensibler ist als andere, kann man gut akzeptieren. Jemanden immer wieder als psychisch krank zu titulieren, kann stigmatisierend sein. Ich spreche, wie man merkt, lieber von Krisen statt von Krankheit.
Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?
Das Gebet. Außerdem versuche ich auf meinen Schlaf zu achten: Schlaf ist das A und O. Letztlich gibt es immer noch Medikamente in Akutsituationen.
Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?
Niemals aufgeben. Und sich nicht von außen bestimmen lassen.
Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?
Angehörige sollten nicht die Verantwortung abgeben – auch nicht an die „Halbgötter in Weiß“, sondern sich selbst informieren. Warum? Wer Verantwortung abgibt und sich dann ärgert, wenn etwas „schief“ gelaufen ist, ärgert sich bis zum St. Nimmerleinstag und sucht dann gern einen Schuldigen. Das gilt meinem Erachten nach auch für Angehörige. Angehörige haben zum Teil auch gute Ideen, die man nicht zurückstecken muss, weil das Gegenüber „Experte“ ist. Gleichberechtigte Strukturen sind sehr wichtig.
Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?
Ich bin wissbegierig und bemühe mich um gerechtes und versöhnliches Handeln. Vieles mit Humor nehmen, Gelassenheit bewahren und das rechte Maß, helfen mir in den meisten Situationen.
Claudia bloggt auf: Meine katholische Box