Mache niemals einen Menschen zu deiner Priorität, der dich zur Option macht.

Betroffene: Annemarie Heinlein

 

Wie geht es dir heute?

Leider ist meine Bilanz nach mehreren Jahrzehnten Kampf nicht so gut. Nach über 20 Jahren und unterschiedlichsten Therapien seit 1993 habe ich 2022 akzeptiert, dass man nicht alles verarbeiten und integrieren kann. Daraufhin habe ich trotz Krebsdiagnose meine Therapie sofort beendet. Diese Form von Beziehung hilft mir nicht mehr weiter. Es ist nicht so, dass die ganzen Therapien nichts geholfen hätten! Aber gemessen an den jahrelangen Kämpfen zu wenig. Habe immer weiter gemacht und weiter gemacht. Es mir nie erlaubt mich zu suizidieren. Die Krisen werden auch, anders als die theoretischen Prognosen in den Lehrbüchern, immer gefährlicher. Immer häufiger auch schwere, suizidale Krisen. Diese begleiten mich eh schon ein ganzes Leben lang.

 

Hast du Feedback auf deinen Beitrag bei #Mutmachleute bekommen? Worüber hast du dich am meisten gefreut?

Das kann ich nicht mehr erinnern, weil es 2018 war. Rückblickend finde ich den Text jedoch seltsam naiv.

 

Was hat sich für dich zum Positiven geändert seit du offener mit deiner Erkrankung umgehst?

Ich bin immer offen damit umgegangen. Das musste ich nicht lernen. Ich habe sowohl Akzeptanz als auch Ablehnung und Unverständnis geerntet. Und die Arroganz zu sagen: „mach es doch anders, jeder ist seinen Glückes Schmied“, usw. macht mich immer mehr aggressiv.

Das Positivste ist, das ich 2022, nach 23 Jahren, das Antidepressivum komplett abgesetzt habe. Es tat sich eine neue Welt auf. Und es ist auch zugleich erschütternd, weil ich so viel durch die Einnahme des Medikaments verloren habe.

Ich wusste in der Theorie schon, das es viele Emotionen dämpfen kann. Aber die verlorenen Jahre kann mir keiner ersetzen. Und die Krisen sind jetzt ohne auch nicht schlimmer. In den Anfangsjahren hatten sie gewirkt.

 

Was wünschst du dir für deine persönliche Zukunft?

Ich erlaube mir selten zu träumen, weil ich zweifele, dass es sich irgendwann dahin entwickeln wird.

Annemaries erster Beitrag bei #Mutmachleute ist 2018 erschienen.