PTBS, Angststörung und Depressionen: Solange ich atme, kämpfe ich. Für mich, für euch, für uns.

Betroffene: Kerstin Schuh

Jahrgang: 1987

Diagnosen: PTBS, Depressionen, Generalisierte Angststörung, chronische Schlafstörungen

Ressourcen: Freunde, zeichnen, Musik, die Natur, das Schreiben

 

Wie und wann hast du von deiner Erkrankung erfahren?

Durch Arztbesuche nach meinem Zusammenbruch während meinem Frühdienst beim ambulanten Pflegedienst 2016.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Das hat mehrere Gründe, aber die wohl wichtigsten sind, dass ebenfalls Betroffene sich nicht mehr länger alleine mit der Last auf ihren Schultern fühlen sollen. Wenn wir laut heilen, sterben da draußen weniger Menschen leise.

 

Und ich möchte zeigen, dass es keinen Grund gibt uns auszugrenzen. Wir gehören genau so zur Gesellschaft wie alle anderen Menschen auch.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld (und der Gesellschaft) in Bezug auf deine Erkrankung wünschen?

Mein direktes Umfeld (Familie und enge Freunde) konnten es sich schon denken, lange bevor ich die Diagnosen bekommen habe. Bekannte waren eher erstaunt, weil man es mir „gar nicht angesehen hat“.

Am meisten wünsche ich mir von meinem Umfeld Akzeptanz und Verständnis. Ich hab mir nicht ausgesucht krank zu werden, das sollten Menschen, die vorschnell urteilen, bedenken…

 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Es wirklich ganz zu akzeptieren, davon bin ich noch ein Stück weit entfernt, aber ich bin auf einem guten Weg. Meine Geschichte bei Instagram zu veröffentlichen hat mir extrem viel gebracht und ist schon fast wie eine Therapie für mich. Der Austausch mit ebenfalls Betroffenen und der Rückhalt meines engen Umfelds helfen mir sehr, meine Krankheiten Stück für Stück mehr zu akzeptieren.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Ich schreibe mir meine Gedanken von der Seele, verbringe Zeit mit Menschen, die mir gut tun und auch die Musik, sowie Spaziergänge in der Natur helfen mir, mich wieder zu erden.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Dass, egal wie schwer es auch manchmal sein mag, es immer wieder bessere, gute Tage geben wird und dass niemand alleine damit sein muss. Wir sind so viele. Gemeinsam können wir uns stärken und uns Mut schenken nicht aufzugeben. In schlechten Momenten sollten wir uns daran erinnern, dass wir schon unendlich viele Situationen gemeistert haben, obwohl wir dachten wir hätten keine Kraft mehr. Wir sind Kämpfer*innen und können stolz darauf sein, immer und immer wieder aufstehen.

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Hör zu. Es ist kein Jammern wenn dir jemand seine Gedanken anvertraut, sondern Vertrauen und ein leiser Hilferuf. VIelleicht bist du genau das Ventil, dass verhindert, dass der*die Betroffene komplett zusammenbricht und schlimmeres passiert. Belächele ihn*sie bitte nicht und nimm ihn*sie ernst…

Du solltest dir aber selbst auch Grenzen setzen. Wenn dich etwas zu sehr belastet, äußere das genau so. Der*die Betroffene wird dich verstehen, mit Sicherheit, denn er*sie weiß wie es sich anfühlt. Achte immer auch auf dich selbst bitte.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Am meisten schätze ich meine Kämpfernatur und dass Aufgeben nie eine Option wäre. Ich bin empathisch, fürsorglich (manchmal schon aufopfernd), unvoreingenommen, respektvoll, ehrlich, liebevoll und humorvoll, aber auch perfektionistisch, stur, verbissen, neugierig und selbstkritisch, sowie wissbegierig …

Kerstin ist bei Instagram