Depressionen, Anpassungsstörung, Borderline, PTBS & generalisierte Angststörung: Wer nicht kämpft, hat schon verloren.

Betroffene: Alice
Jahrgang: 1990
Diagnose: schwere Depressionen, Anpassungsstörung, Borderline, PTBS, generalisierte Angststörung
Therapie: Tagesklinik speziell für Borderline, Verhaltenstherapie, Psychotherapie
Ressourcen: Lesen, Sport, Spazieren, Tanzen, Zeichnen, Freunde und Familie

 

Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?

Ich habe schon relativ früh bemerkt, dass ich anders bin und die Welt anders wahrnehme. Mit 19 konnte ich endlich eine Therapie anfangen und habe dort die ersten Diagnosen erhalten. Jahre später habe ich mich während einer Krise selbst eingewiesen und dort die Diagnose Borderline erhalten. Vor ein paar Monaten kam noch der Verdacht auf eine paranoide Persönlichkeit hinzu.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Ausschlaggebend dafür war, dass mein Exfreund mich verlassen hat, weil er mit meinen psychischen Problemen nicht klar kam und ich den Eindruck hatte, dass es ihm unangenehm ist, dass auch die Öffentlichkeit hin und wieder mitbekommt, dass ich psychisch krank bin, da mein Verhalten manchmal doch ins Extreme schwingt.

Psychische Erkrankungen werden zudem zu oft nicht ernst genommen. Ein Beinbruch ist schlimm, ein Tumor ist grauenvoll, aber Depressionen (oder sonst eine psychische Erkrankung) sind nur Anstellerei und/oder Einbildung oder eine billige Ausrede. Das muss aufhören – und wenn ich auch nur einen kleinen Teil dazu beitragen kann, dann möchte ich das machen.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?

Das Verhältnis zu meiner Familie hat sich, seit ich eine offizielle Diagnose erhalten hatte, gebessert und sie haben sich auch mit meinen Diagnosen auseinandergesetzt, wodurch sie mein Verhalten in manchen Situationen besser verstehen können. Meinen Freunden war es ziemlich egal. Die haben mich vorher schon gemocht und tun es jetzt auch noch.

 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Definitiv die Tagesklinik, der Austausch mit anderen Betroffenen und zu bemerken, dass ich gar nicht so falsch bin, all das hat mir sehr viel Frieden geschenkt.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Meine beste Freundin und Tagebuchschreiben helfen mir, wenn es mir schlecht geht. In Krisensituationen versuche ich mir klar zu machen, was die Realität ist und was nur ein Eindruck ist, den ich durch meine Erkrankungen habe. Ich weiß, dass ich oft zu viel interpretiere oder zu sehr aus der Vergangenheit heraus fühle.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Die eigene Existenz muss für einen selbst keinen Sinn ergeben, den Sinn sehen und geben andere einem, wenn man es zulässt und nicht jede Tür verschließt.

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir
(einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Angehörige können helfen, indem sie kleine Aufgaben übernehmen und Betroffenen auch mal Rückmeldung geben, was schon alles geschafft wurde. Sich selbst können Angehörige gut helfen, wenn sie sich mit den Erkrankungen auseinandersetzen und Gespräche mit anderen Angehörigen suchen. Die schlechte Stimmung des Betroffenen nicht auf sich beziehen und die Launen nicht als bösartig zu betrachten sind wichtige Aspekte.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Ich bin ein sehr offener und ehrlicher Mensch und bringe gerne andere Menschen zum Lachen. Ich kann verzeihen und habe für sehr viele Dinge Verständnis.
Am meisten schätze ich meine Ehrlichkeit, denn ich weiß, dass sie hart erarbeitet ist.

 
Alice ist auf Instagram: @alice.spookshow