Depressionen: Um meine Depressionen zu verstehen, musste ich bis in meine Kindheit zurück.

Betroffener: Stephan Blank

Jahrgang: 1970

Diagnose: schwere Depressionen, gelähmt bis auf einen Arm nach OPˋs (heute kann ich wieder gehen)

Therapien: 2x Psychiatrische Fachklinik (12 Wochen und 10 Wochen)

Ressourcen: Ich besuche regelmäßig eine SHG (Depression) und bin Initiator einer weiteren Selbsthilfegruppe. Ich bin achtsamer und beobachte aufmerksam die Eichhörnchen und Vögel in der Natur. Und ich arbeite sehr gerne an meiner Website.

 

Wie und wann hast du von deiner Erkrankung erfahren?

Gemerkt habe ich es erstmals 2007. 2001 wurde ich mehrmals am Rückenmark operiert, HWS C1-C8, dadurch fast vollständig gelähmt. Dadurch kamen nach ca. 4 oder 5 Jahren erste Stimmungstiefs auf, die schlimmer und länger wurden. Ich habe das damals aber nicht mit Depressionen in Verbindung gebracht. Dann kamen mehrere Schläge: Trennung, Suizid meines Bruders, kurze Zeit später von einer nahestehenden Freundin. Nach weiteren Niederschlägen war ich im Oktober 2015 so weit unten, dass ich selbst mehrere Suizidversuche hinter mir hatte und mir klar war, dass ich professionelle Hilfe brauche und auch wollte. Da bekam ich schnell die Diagnose. Später stellte sich heraus, dass ich schon in früher Kindheit Depressionen hatte.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Ich rede seit 2017 offener drüber und seit letztem Jahr offener denn je. Warum? Ich schätze, weil ich es aufgearbeitet habe und akzeptiere, dass die Depression zu meinem Leben gehört.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld (und der Gesellschaft) in Bezug auf deine Erkrankung wünschen?

Ich verlor einige Freund*innen, Bekannte wandten sich ab. Weil ich nicht drüber sprach. Nur, dass ich mich veränderte bekamen sie mit und konnten es nicht verstehen und mit mir nicht mehr umgehen. Lag in meiner Verantwortung. Aber mit schweren Depressionen kam ich nicht auf die Idee, darüber zu sprechen, was in mir los war.

 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Die Therapien, Psychiater und psychologischen Gespräche. Selbst Betroffene, mit denen ich ins Gespräch kam.

Da hat es irgendwann KLICK in meinem Kopf gemacht. Ich war nicht mehr allein mit Depressionen.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Ich meditiere regelmäßig, besonders dann, wenn ich ein Stimmungstief in der Anfangsphase erkenne. Ich übe mich immer wieder in Achtsamkeit. Nehme meine Umgebung, mein Umfeld viel bewusster wahr. Und ich suche Gespräche, die gleichzeitig soziale Kontakte sind.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Denjenigen, die noch nicht in Therapie sind: Sucht euch professionelle Hilfe. Und ganz allgemein gesprochen, sollten Betroffene so viele Werkzeuge wie möglich, die einem mit gegeben werden, ausprobieren. Bis das Richtige gefunden wird, was einem hilft.

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Angehörige sollten sich über Depressionen informieren. Vielleicht sogar ein Info-Seminar zu besuchen, um Betroffene besser zu verstehen. Dadurch ist es vielleicht einfacher, in bestimmten Situationen für beide Seiten positiver zu Handeln.

Angehörige sollten auch lernen, sich selbst zu schützen, indem sie nicht ihre ganze Kraft einsetzen, sondern genügend Auszeiten für sich und ihre Interessen nehmen. Sonst wird es mit der Zeit immer schwerer und das Risiko, selbst zu Erkranken könnte steigen.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Durchhaltevermögen, Kampfgeist, Hoffnung und der Glaube an mich selbst. Sonst hätte ich die 12 Jahre, in denen ich immer tiefer in die Depression geschlittert bin, nicht so überstanden. Ich bin hilfsbereit und engagiert u.a. in zwei Selbsthilfegruppen. Ich informiere, kläre auf, höre zu und bin ziel- und lösungsorientiert.

 

Hier geht es zu Stephans Website Selbsthilfegruppe Depresso.