Mutmachleute Workshop: Ganz und gar nicht normal!

Ganz und gar nicht „normal“ durften wir mit 30 Teilnehmer*innen einen Workshop halten zum Thema „Was ist denn schon normal“ am 7. Juli 2023 beim bayernweiten Selbsthilfefachtag in Bayreuth. 

 

Mit den Menschen auf der Bühne, mit Simon und Tina unten auf dem Parkett und einer Moderatorin, die oben von der Galerie alle begrüßte – da staunten wohl dann alle, die sich auf der Bühne wiederfanden. Um nach unserem recht ungewöhnlichen Intro zusammen ein großes Trapez statt Kreis zu bilden. 

Es waren lebendige, tiefgründige, interessante und bereichernde anderthalb Stunden, die wir gemeinsam verbracht haben rund um das Thema Normen, gibt es überhaupt ein „normal“, und wer sagt denn, was normal ist und was nicht? Was besonders schön war: Wir haben viel gelacht, bei aller Ernsthaftigkeit, und festgestellt, wie wichtig doch Humor und Lachen sind: etwas, was uns Menschen so schnell miteinander verbindet. 

Wir bedanken uns bei der Selbsthilfekoordination Bayern für diesen rundum gelungenen Tag: Und mit einem Augenzwinkern grüßen wir unsere Moderatorin, die mit uns so einiges mitmachen musste – spontan, nicht „normal“, und wie wir finden, ganz schön kreativ. Danke, Lilli! 

Simon und Tina 

 

Auf Foto v.l.n.r.: Simon Gall (Mutmachleute e.V., Rettungsring e.V.) und Tina Meffert (Mutmachleute e.V.), Bettina Lange (Koordinierungsstelle der bayerischen Suchthilfe), Stephanie Greskötter (Initiative Selbsthilfe Ebersberg), Dr. Beate Erbas (Bayerische Akademie für Suchtfragen), Irene von der Weth (Selbsthilfeunterstützungsstelle Bayreuth, Paritätischer Wohlfahrtsverband), Andrea Schneider (Blaues Kreuz Eichstätt), Irena Težak (SeKo Bayern), Klaus Grothe-Bortlik (SeKo Bayern e.V.).

 

Presseartikel zur Fachtagung:

Normen sind verhandelbar. Sucht und Psyche gehören zusammen

Unter dem Motto „Was ist nochmal normal?“ trafen sich am Freitag, den 7. Juli 2023 etwa 85 betroffene Selbsthilfeaktive, Angehörige und Professionelle aus dem Sucht- und Gesundheitsbereich zum bayernweiten Selbsthilfefachtag in Bayreuth. Es ging um Austausch, Vernetzung und darum voneinander zu lernen.

Die berührenden Lebensgeschichten von Andrea Schneider, einer trockenen Selbsthilfeaktiven des Blauen Kreuzes und Steffi Greskötter, der psychisch erkrankten Gründerin einer Initiative Selbsthilfe umrahmten den Fachvortrag von Dr. Wolf-Dietrich Braunwarth, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie mit dem Titel: Das süchtige Gehirn: wie scheinbar „Normales“ zum Problem wird.

Die Teilnehmenden erhielten Einblicke dazu, was genau im Gehirn passiert, wenn sich eine Sucht entwickelt, und welche Faktoren, z.B. Gene, hier eine Rolle spielen können.

Wie der Weg zu Heilung und Gesundung des Körpers und der Psyche mithilfe der Selbsthilfe gelingen kann, zeigten die Erfahrungen der beiden Betroffenen,

„Wie ich den Weg zurück ins Leben gefunden habe? Bin immer noch unterwegs – der ist steinig, aber es lohnt sich“, meinte Frau Greskötter in Ihrem Vortrag.

„Da ist jemand, der Dir zuhört. Der kann auch seine Meinung sagen, der sagt aber nicht „Du musst““, so Frau Schneider über ihre Selbsthilfegruppe.

Am Nachmittag tauschten sich in vier Workshops die Teilnehmenden zu den Themen „Sucht und Teilhabe“, „Mein letzter Tag im Bezirkskrankenhaus, und nun?“, „Was ist denn schon normal?“ und „Sucht und Psyche gehören zusammen“ sehr lebendig und engagiert aus. Besonders beeindruckend war für viele Profis die Offenheit und das große Engagement, das die Selbsthilfe zeigt.

Über den Tag konnten die Teilnehmenden Satzanfänge vervollständigen; dies wurde rege genutzt.

Hier einige der Sätze, die dabei entstanden und einen Eindruck zum Tag vermitteln können:

„Tatsächlich ist es so, dass ich vom heutigen Tag überrascht wurde und ich noch viel dazulernen durfte.“

„Bald werde ich berichten, dass ich auch meine Geschichte habe und dazu stehen kann!“

„Mittlerweile bin ich stolz auf mich.“

„Tatsächlich ist es so, dass ich nicht ganz normal bin. Und das ist gut so.“

„Ich finde es ganz normal, dass manche Leute denken ich hätte einen Dachschaden, bloß wissen sie nicht, dass es stimmt.

Ich habe darüber nachgedacht, dass ich sehr froh bin hier zu sein und das Gefühl erfahren zu dürfen, nicht allein zu sein“.

Gefördert wurde der Fachtag vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, veranstaltet von SeKo Bayern e.V. in Kooperation mit der Bayerischen Akademie für Sucht und Gesundheit, der Koordinierungsstelle Sucht und der Selbsthilfeunterstützungsstelle Bayreuth.

 

Fotograf: Roman Kocholl, Redakteur, Nordbayerischer Kurier