Generalisierte Angststörung & Depression: Ich versuche meine Krankheit anzunehmen und auf mich zu vertrauen.

Betroffene: Dini
Jahrgang: 1980
Diagnose: Generalisierte Angststörung, Depression
Therapie: Verhaltenstherapie (Vergangenheitsbewältigung)
Ressourcen: Schreiben, der Austausch mit anderen Betroffenen, Musik, Tageslicht, Familie und Freunde

 

Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?

Ich habe es schon mit 19 Jahren geahnt, dass ich krank sein könnte. Jedoch habe ich mir viele Jahre keine Hilfe gesucht und habe geschwiegen und mich in meine Arbeit verkrochen. Bis zum Jahr 2014, mir ging es dann immer schlechter und ich musste letztendlich meine Arbeit aufgeben. Als ich nervlich zusammengebrochen bin, bekam ich Hilfe.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Weil ich ein Zeichen setzen möchte, ich möchte vor den Gefahren warnen und den Konsequenzen, wenn man sich keine Hilfe holt, obwohl man sie benötigt. Ich möchte Mut machen und vermitteln, dass sich niemand wegen seiner Krankheit schämen muss. Wenn ich nur ein wenig bewegen kann, dann ist das schon gut, denn ich weiß aus eigener Erfahrung, wie verzweifelt man sein kann, und wie groß die Angst vor Ablehnung werden kann.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?

Mein Umfeld hat schon es länger geahnt, jedoch kam niemand an mich heran. Als ich dann selbst offen damit umging, waren alle sehr bemüht, mir zu helfen. Ich habe für mich gemerkt, dass es sehr wichtig ist, offen zu reden. Gerade mit der Familie oder mit Freunden. Denn nur so können viele Missverständnisse vermieden werden. Es ist nicht immer leicht, die Kraft dafür aufzubringen, doch ich versuche es. Man versucht zusammen einen Weg zu finden, um für den anderen Verständnis aufzubringen, so gut es eben geht. Diese Erfahrung habe ich gemacht.

 

Welche Dinge haben Dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Ganz viele offene Gespräche, und dass ich anfing, für mich selbst Verständnis zu entwickeln. Ich habe mich mit der Frage auseinandergesetzt, wie es so weit kommen konnte, dass es mir so schlecht geht. Es hat bei mir sehr lang gebraucht, bis ich das so annehmen konnte, doch mittlerweile weiß ich, dass ich mir die nötige Zeit geben muss.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Die frische Luft hilft und vor allem muss ich mich in Krisensituationen bewegen. Früher war ich nicht in der Lage in solchen Momenten das Haus zu verlassen. Jetzt stehe ich jeden Tag früh auf und ziehe mich an. An sehr schweren Tagen muss ich mich auch mal zwingen, aber ich merke im Nachhinein immer, dass es mir sehr gut tut und ich mich besser fühle. Vor einem halben Jahr etwa habe ich meine Leidenschaft für den Sport entdeckt und gehe oft Wandern. Die Bewegung hilft mir, den Kopf frei zu kommen.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Holt euch Hilfe. Ihr müsst euch nicht schämen, denn es ist kein Zeichen von Schwäche, sich Hilfe zu suchen. Im Gegenteil, es ist ein Zeichen von Stärke, sich bewusst damit auseinanderzusetzen, dass etwas nicht stimmt.

Bitte wartet nicht so lange damit wie ich damals, denn es wird mit den Jahren immer schwerer. Ich bin mir sicher, dass ihr das schafft.

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Da ich weiß, wie schwer es auch für das Umfeld von Betroffenen ist, finde ich es ganz wichtig, dass auch Angehörige sich ggf. informieren, oder sich Hilfe nehmen, sollte sie die Situation zu sehr belasten. Offene Gespräche sind sehr wichtig, auch wenn es oft, gerade anfangs, sehr schwer ist, da die Überwindung, sich zu öffnen, zu groß ist. Jedoch sollte man versuchen, Gespräche mit dem Betroffenen nicht vorwurfsvoll zu führen. Mittlerweile habe ich auch sehr viel Verständnis für meine Familie entwickelt. Für das Umfeld ist es wichtig, sich abzugrenzen, um sich zu schützen. Es ist wichtig, das eigene Leben nicht zu vernachlässigen. Achtsamkeit oder Selbstschutz ist auch für unsere Angehörigen sehr wichtig.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Oh je, das ist schwer für mich zu beantworten. Ich bin ein sehr mitfühlender Mensch, bin hilfsbereit und kontaktfreudig.
 
Dini zeigt Gesicht und schreibt auf ihrem Blog über Depression: Begleitet mich ein Stück auf meinem Weg. Oder besucht Dini bei Facebook.
 
Foto: privat