Psychosen: Der Glaube gibt mir Halt, Liebe und Zuversicht.

Betroffene: Bernadette
Jahrgang: 1969
Diagnose: zunächst akute polymorphe Psychose, momentan Diagnostikverfahren bzgl. schizoaffektiver Störung
Therapie: Gesprächstherapie, Medikamente
Ressourcen: mein tiefer und gelebter Glaube, Bewegung, Schreiben

 

Wie und wann hast du von deiner Störung erfahren?

Ich hatte im November eine Psychose und einen Nervenzusammenbruch. Aufgrund meines Nervenzusammenbruchs ging ich zum Arzt, danach ambulant in ein Krankenhaus. Während der Beratung vor Ort habe ich von meiner Psychose erfahren. Durch Einnahme eines Medikaments hat sich die Situation sehr schnell beruhigt. Stationär bin ich leider trotz des Angebots nicht gegangen, da ich damals zu viel Angst vor der Psychiatrie und den Stigmata hatte. Heute würde ich mich anders entscheiden.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Auch für mich selbst ist die Situation ziemlich neu, und ich habe in der ersten Zeit kaum jemandem davon erzählt – das war ein hoher Druck, verbunden mit Gefühlen wie Isolation und Einsamkeit.

Diese Stigmata will ich durchbrechen, für mich und andere, auch wenn es mir Angst vor beruflichen Konsequenzen für die Zukunft macht.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld in Bezug auf deine Störung wünschen?

Nach und nach habe ich nun angefangen, Leuten, die ich besser kenne, davon zu erzählen. Ich habe eigentlich nur positive Erfahrungen gemacht, auch wenn es nicht jeder einordnen kann, oder mancher glaubt, das gehe schon vorüber. Aber niemand war abwehrend oder abwertend mir gegenüber. Eher erstaunt, weil es so konträr zu meinem fröhlichen offenen Charakter steht.

 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Ich bin noch auf dem Weg, meine Krankheit zu akzeptieren. Das letzte halbe Jahr habe ich mich nach anfänglichem Schock über Psychosen eingehend informiert. Eine Teilnahme bei einem Online Forum hilft mir zu sehen, wie es bei anderen geht, und dass man nicht alleine ist.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Meine Therapeutin ist für mich da. Ich fühl mich von ihr angenommen und sie „passt“ auf mich auf, sie war es, die die Präpsychose im November 2018 erkannt hat.

Ich nutze das Gebet, die Bewegung – Spaziergänge im Wald. Ich habe zwei oder drei Menschen gebeten, mir Rückmeldung zu geben, wenn sie Veränderungen an mir feststellen. Das gibt mir eine große Sicherheit. Ich habe auch einen Notfallplan in meiner Tasche.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Nimm Abstand vom Erwartungs- und Leistungsdruck der Gesellschaft. Du darfst weiterhin deine Ziele haben, aber lass los, was derzeit oder gar nicht mehr geht oder passt. Es werden sich andere Wege auftun. Du bist wertvoll und liebenswert, die Welt ist mit dir um einen Puzzlestein reicher.

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir
(einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Zuhören, aushalten, was gerade da ist. Einen so nehmen wie man ist, nicht nur die Krankheit sehen, und nicht nur die gesunden Anteile. Ich empfehle auch, sich konkret zu informieren. Und: Eigene Erwartungen z.B. in Bezug auf Leistung und Arbeit, hinterfragen.

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Ich bin humorvoll und habe einen grundlegend fröhlichen Charakter. Ich bin sehr hilfsbereit und kann andere positiv stärken. Ich bin doch auch immer wieder aufgestanden – auch wenn ich ganz unten war (Suizidversuch/Psychose).
 
Bernadette schreibt auf ihrem Blog Bernadette betet.