Bipolare Störung: „Was haben Sie in Ihrem Leben denn schon auf die Beine gestellt?“ „Mich – immer wieder!“

Betroffene: Pascale R.
Jahrgang: 1980
Diagnose: Bipolare affektive Störung
Therapie(n): Psychotherapie, zwei Klinikaufenthalte, regelmäßige Besuche beim Psychiater
Ressourcen: mein Mann, meine Familie, gute Freunde, ein paar ehemalige Kollegen, Austausch mit anderen Betroffenen und regelmäßige Wanderungen mit Freunden

 

Wie und wann hast du von deiner Erkrankung erfahren?

Mit Anfang 20 hatte ich die erste Depression; danach folgten weitere depressive Episoden, z.B. nach einem Umzug und nach der Geburt meiner Tochter. Diese wurden aber nie behandelt. In 2015 wurde erstmals ein „Burn-Out“ bei mir diagnostiziert. Die bipolare Störung wurde erst im März 2017 aufgrund einer extremen manischen Episode festgestellt.

 

Warum hast du dich entschieden, nun Gesicht zu zeigen?

Mir ist es sehr wichtig, dass die Gesellschaft über psychische Krankheiten aufgeklärt wird. Viele, die nie betroffen waren, können einfach nicht verstehen, dass man z.B. nicht mehr aufstehen und arbeiten gehen kann. Immer wieder musste ich Sätze wie „Nun reiß dich doch zusammen!“ hören. Ich hoffe, dass ich somit auch ein kleines Stück gegen die Stigmatisierung von psychisch Kranken arbeiten kann.

 

Wie hat dein Umfeld reagiert, als es von deiner Krankheit erfahren hat, und welchen Umgang würdest du dir von deinem Umfeld (und der Gesellschaft) in Bezug auf deine Erkrankung wünschen?

Viele waren geschockt, trotzdem habe ich viel Rückhalt von meiner Familie und meinen Freunden bekommen. Dafür bin ich sehr dankbar.
Ich würde mir wünschen, dass die Gesellschaft psychische Krankheiten wie beispielsweise die bipolare Störung genauso akzeptieren kann, wie es bei anderen Krankheiten (Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs) der Fall ist. Schließlich sucht man sich diese genau so wenig aus. Und schlussendlich sollte man in erster Linie als Mensch wahrgenommen werden und nicht als Kranker.

 

Welche Dinge haben dir am meisten geholfen, die Krankheit zu akzeptieren?

Der Austausch mit anderen Betroffenen und die Gespräche mit meinem Psychiater und Psychotherapeuten.

 

Welche Ressourcen nutzt du in Krisensituationen?

Mein Umfeld – insbesondere mein Mann und meine guten Freunde sind sehr aufmerksam; sie merken meist sofort ob es gerade rauf oder runter geht. Der gute Kontakt zu meinen Psychiatern ist ebenfalls sehr wichtig. Sie reagieren sehr schnell in kritischen Situationen.

 

Was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

Bleibt nicht allein mit eurer Krankheit! Sucht euch Hilfe – einerseits bei Ärzten und andererseits bei euren Freunden und eurer Familie. Bei einer bipolaren Störung ist ein gutes Umfeld essentiell.

 

Was möchtest du anderen Angehörigen mit auf den Weg geben? Wie können sie dir (einerseits) und sich selbst (andererseits) am besten helfen?

Informiert euch gut über die Krankheit. Es gibt mittlerweile gute Bücher oder Beiträge auf Youtube. Lasst die Betroffenen nicht allein und wendet euch nicht von ihnen ab – sie brauchen euch! Damit möchte ich aber keinesfalls sagen, dass die Angehörigen sich vollkommen aufopfern sollen – jeder soll helfen soweit er kann und offen mit dem Betroffenen reden. Wir sind krank – aber nicht gehirnamputiert!

 

Was macht deinen Charakter aus und welche Eigenschaft schätzt du an dir am meisten?

Ich bin ein sehr ehrlicher Mensch und sehr hilfsbereit. Ich denke, dass mein Umfeld das an mir schätzt. Ich informiere mich sehr gut, wenn mir ein Thema am Herzen liegt.