Der rote Faden des Lebens ist nicht immer gerade und hat oft Wirrungen, aber es lohnt sich ihn immer weiter zu verfolgen und nicht auf zu geben.
Betroffene: Gaby B.
Nachgefragt: Der rote Faden des Lebens ist nicht immer gerade und hat oft Wirrungen, aber es lohnt sich ihn immer weiter zu verfolgen und nicht auf zu geben.
Wie geht es dir heute?
Im Großen und Ganzen ist schon viel los in und um mir. Emotionale Spitzen und Tiefen sind leider immer noch der momentane Alltag, doch ich merke, dass ich lebe und dass ich Dinge angehen und auch verändern kann. Es sind kleine Schritte von außen betrachtet, für mich aber ein enormer Fortschritt. Meine Ausbildung konnte ich erst aus gesundheitlichen Gründen im September beenden – dennoch ein Wahnsinnserfolg für mich als Person. Langsam gehe ich wieder unter die Menschen und versuche auch meine Meinung zu vertreten, was immer besser wird. Ich nehme offizielle Termine wahr und lerne immer besser zu reden, auch in Bezug zu meiner Ausbildung zur Genesungsbegleiterin. Es ist noch etwas holperig, aber letztes Jahr war daran noch gar nicht zu denken und ich wurde noch vom betreuten Wohnen begleitet. Auch habe ich meine Stärken wieder schätzen gelernt und definiere mich nicht mehr so sehr über meine Erkrankung. Die Rolle, die ich nun als Genesungsbegleiterin und Mensch einschlagen möchte, zeichnet sich langsam auch ab und ich freue mich auf die Zukunft und die Menschen, die ich hoffentlich begleiten kann.
Auch habe ich mein „Tempo“ kennengelernt und versuche es zu akzeptieren. Meine Ängste, die mich manchmal lähmen, betrachte ich nicht mehr als etwas Undefinierbares und stehe auch dazu. Es ist keine Schande, auch wenn einige es nicht begreifen und nachvollziehen können.
Hast du Feedback auf deinen Beitrag bei #Mutmachleute bekommen? Worüber hast du dich am meisten gefreut?
Es gab einige positive Rückmeldungen, auch von Profis. Es ist ja leider immer noch so, dass wir uns zu wenig zutrauen und in einem engen Gefüge leben, das Individualität kaum zu lässt. Oft werden gerade Psychoseerfahrene in Schubladen gesteckt – und die lassen sich kaum öffnen. Der enge Freundeskreis fand es mutig und ein paar Menschen waren auch stolz auf mich, dass ich endlich Stellung zu meiner Problematik genommen habe.
Was hat sich für dich zum Positiven geändert, seit du offener mit deiner Erkrankung umgehst?
In den letzten Jahren habe ich doch sehr zurückgezogen gelebt und war dadurch auch sehr depressiv, tatsächlich gehe ich nun sehr offen mit meiner Erkrankung um. Ich gehe schon etwas andere Wege als früher, z.B durch das Schreiben: es ordnet meinen doch oft unkonzentrierten Kopf oder ich möchte mich bei Menschen und Themen, die ich wichtig finde, mitteilen. Manchmal übertreibe ich es auch, mit der Schreiberei. Aber ich denke mir mittlerweile: „Lass die anderen doch denken was sie wollen, du bist so wie du bist und brauchst dich nicht zu verstecken!“
Auch kann ich mich besser aus Krisen ziehen, da ich meine Erkrankung im letzten Jahr erst so richtig kennengelernt habe und damit einen anderen Umgang mit ihr.
Was wünschst du dir für deine persönliche Zukunft?
Gesundheit und einen friedlichen Weg zu einer humaneren Gesellschaft. Dass Leistung nicht immer oberste Priorität hat und die Menschlichkeit nicht auf der Strecke bleibt. Druckfreies, wertschätzendes Leben und Arbeiten, Akzeptanz und eine Umgebung ohne Vorurteile.
Den ersten Beitrag von Gaby bei den #Mutmachleuten findet ihr hier zum Nachlesen.
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